Tomatenkunde
Kennt Ihr das auch? Jeden Samstag spielt sich an der Supermarkt-Kasse das gleiche ab: Die Kassiererin zieht die Waren ratzfatz über den Scanner und man hat zu tun, sie wieder einigermaßen tauglich in den Einkaufswagen zu packen. Wenn die Kassiererin dann "soundsoviel Euro nochwas" sagt, liegen in der Regel noch einige Waren auf dem Band. Man sagt (ich jedenfalls, meistens) "und fünfzig Euro in bar bitte", zückt die Scheckkarte, gibt die PIN ein oder unterschreibt den Beleg, räumt noch maximal ein Teil in den Wagen und bekommt dann alles auf einmal in die Hand gedrückt: Beleg, Scheckkarte und (in meinem Fall) noch € 50,00 in bar.
Die Mittagspausenvariante unter der Woche ist nicht besser: Egal, ob Kaufland oder Lidl (mehr Auswahl is nich) - man hat gefälligst seinen Einkaufswagen in Gegenrichtung ans Ende der Kasse zu stellen und dann zackig die erstandenen Waren wieder in den Wagen zu packen. Soll ich jetzt wegen einer Apfelschorle, ein paar Trauben, einem Käse und einer Packung Eis einen Einkaufswagen nehmen? Fällt mir gar nicht ein! Und jedesmal an der Kasse bereue ich es: Auf den 40 cm² nach der Kasse steht mein Mittagessen und ich kann es erst in die Tasche räumen, wenn ich bezahlt habe. Die finale Situation unterscheidet sich nicht von der Version Wochenendeinkauf: in der linken Hand den offenen Geldbeutel, in der rechten den Kassenzettel und das Wechselgeld.
Dieser Moment, wenn die Kassiererin meinen Hintermann oder meine Hinterfrau freundlich anlächelt und "Hallo" sagt ...
Schafft Ihr das, fertig und weg zu sein, wenn die erste Ware des Nachfolgers über den Scanner gezogen wird? Und falls ja, WIE? Kein Witz! Ich bin hier wirklich dankbar für ein paar brauchbare Tipps. Manchmal ist man ja betriebsblind ... weil, des war scho immer so und früher hats doch au funktioniert ...
Letzte Woche habe ich den Einkaufsgewohnheiten ein Schnippchen geschlagen und war schon am Freitag im Supermarkt. Gute Idee! Es begann schon damit, dass der "Parkplatz für Fußkranke" direkt vor der Tür frei war. Ich bin bekennender Tomaten-Fan und die Auswahl war reichlich. Mein Einkaufswagen war voll und der junge Mann an der Kasse zog gerade die ersten Einkäufe über den Scanner, als sich eine Mama mit einem Kindergartenzwerg hinter mir anstellte. Schade, ich hätte sie gerne vorgelassen. Dann halt net.
Als alles auf dem Band lag, flitzte ich ans Ende des Kassenbandes und räumte zackig meine Einkäufe zurück in den Wagen - gerade rechtzeitig, bevor die Obsttüten die Eier überrollten. Heutzutage ist eben so ein Kassierer deutlich schneller als die Kapazität des Kassenbandes zulässt. Ich hatte satt zu tun, der Kassierer hatte richtig viel Vorsprung. "Wissen Sie, was das für Tomaten sind?", fragte er mich. Klar weiß ich das, ich hab sie doch gekauft! "San Marzano, 2,99" sagte ich und dachte zum x-ten Mal, dass das echt viel Geld war, jetzt, in der Tomatensaison. "Danke." Ein paar Tütchen weiter: "Und was für Tomaten sind das?" "Roma, sind grad im Angebot, 1,49 oder so." Der Kassierer suchte und suchte, wurde nicht fündig und rief einen Kollegen herbei. "Wie finde ich denn diese Tomaten? Die Kundin sagt, Roma, 1,49 oder so." "1,29" sagte der Kollege, "sind die nicht drin?". Sie sind nicht. Der Kollege versprach, gleich wieder da zu sein, und entschwand.
Man hat ja schon rein vorsorglich ein schlechtes Gewissen, egal weshalb. Und man schämt sich, ebenfalls rein vorsorglich, wenn man irgendwie damit zu tun hat, dass andere warten müssen, bis man fertig ist - auch wenn man da rein gar nichts dafür kann. Der Kassierer zog gemütlich die restlichen Waren über den Scanner und war damit fertig, laaange bevor wieder mit dem Auftauchen des Kollegen zu rechnen war. Mir war es also gebührend peinlich, dass es ausgerechnet eine Mama mit Kindergartenzwerg traf, die jetzt ebenfalls warten musste.
Habt Ihr eigentlich gewusst, dass es Kinder gibt, die an der Kasse nicht quengeln? Zwergi saß in seinem Einkaufswagen-Auto, drehte am Lenkrad, sagte "Öööhn ön ön" und hatte sichtlich Spaß. Mama stand völlig entspannt hinter mir.
Als ich fertig war mit Staunen, sagte ich zu dem jungen Mann an der Kasse "hier ist mein Leergutzettel, ich hätte gerne fünfzig Euro in bar und die Tomaten zahle ich nachher extra - irgendwie sollte es ja weitergehen an der Kasse". Während der Kassierer "hundertnochwas Euro und sounsoviel Cent bitte" sagte, dachte ich, super, alle Waren sind schon im Wagen, heute kann ich ganz relaxed meine Scheckkarte, den Fuffi und den Kassenzettel verstauen. Genieße es, Susanne. Ich genoss es.
Mein Einkaufswagen und ich waren "aus dem Weg", meinetwegen könnte der Kassierer jetzt weitermachen. Als ich ihn gerade darauf aufmerksam machen wollte, tauchte der Kollege wieder auf. "Gib mal 'Tomaten, rund' ein". Der Kassierer tat wie geheißen. Es funktionierte. Während ich meine 87 Cent bezahlte, diskutierten die beiden Männer die weitere Vorgehensweise: "Und was mach ich, wenn jetzt ein Kunde mit Tomaten, rund, kommt?" "Das sag ich dir, wenn ich fertig bin. Ich hab nur soviel gemacht, dass es hier weitergeht." Soll bloß keiner sagen, dass der Kunde hier nicht König ist!
Hach, war das schön, dachte ich so bei mir, als ich meinen Wagen zum Auto schob. Kein Stress an der Kasse! Selten zwar, aber es kommt tatsächlich vor. Ich war rundum zufrieden und schaute dem Mann nach, der sich gerade von dem hinter mir geparkten Auto entfernte. Waaah ! Mir entfuhr ein deutliches "Idiot!", als ich den Abstand zwischen seiner vorderen und meiner hinteren Stoßstange sah. Na toll! Wie soll ich jetzt die Heckklappe aufkriegen ? Der 'Idiot' war schon außer Hörweite.
Ab einem gewissen Alter weiß man zu schätzen, wenn man die Einkäufe ohne nennenswertes Bücken ins Auto und auch wieder heraus räumen kann. Und nein, ich hatte jetzt keinen Bock, drei Sixpack Mineralwasser auf die Rückbank zu hieven und daheim wieder raus zu klauben! Hmmmm
Der Parkplatz ist nicht eben - uneben genug, dass ein unbeobachteter Einkaufswagen sich gerne mal selbstständig macht und am Auto vorbei nach vorne rollt. Ich weiß das. Und ich dachte sogar daran (was ja wahrlich nicht selbstverständlich ist). Bitte, lieber Einkaufswagen, bleib jetzt einfach stehen, bis das Auto ein bisschen weiter vorne steht. Bitte! Ich stieg ein und trat auf die Kupplung. Nichts! Nicht einen Millimeter bewegte sich das Auto nach vorne. Wehe, ich hätte es ohne einen Gang einzulegen abgestellt - da wäre es längst die drei Meter abwärts gerollt und erst von den Einkaufswagen ausgebremst worden. Immerhin - der Einkaufswagen blieb auch stehen ... Ich musste tatsächlich den Motor anlassen und ein Stückchen vor fahren, um an meine Heckklappe dran zu kommen !
Warum muss eigentlich immer ein Wermutstropfen reinfallen, wenn man mal fünf Minuten lang entspannt und mit sich und der Welt im Reinen ist
Ich bin dann mal weg ... einkaufen ...
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