ADS und Verhaltenstherapie ?
Hallo, ihr alle,
Ich lese hier jetzt schon immer ein bisschen mit und habe mich heute schließlich doch angemeldet.
Seit Dezember letzten Jahres wurde bei mir ADS (ohne H) diagnostiziert. Als die Methylphenidat am Anfang nicht gewirkt haben, ist mein Arzt auf Strattera umgestiegen. Inzwischen sind wir auf 40 mg und er will auch noch auf 60 mg aufdosieren.
Ich habe den Eindruck, mein Befinden hat sich seitdem stabilisiert. Ihc schaffe wieder besser morgens aufzustehen, bin bei den Kindern nicht so schnell gereizt und habe inzwischen auch schon liegengebliebene Berge beseitigt.
Allerdings sollte ich noch eine Verhaltenstherapie machen wegen meiner Aggressionen. Da es in unserer Stadt ADS-technisch leider nur Gruppentherapie gäbe oder gleich stationären Aufenthalt, habe ich mich erst mal für eine Einzeltherapie bei ner "normalen" Verhaltenstherapeutin entschieden.
Diese war mir von Anfang an gleich sympatisch, so dass ich dachte, bei der bleibe ich.
So, letzte Woche hatte ich jetzt meine 3. Sitzung bei ihr und jetzt will sie von mir, dass ich so einen Tagesplan führe, wo ich stündlich eintrage, was ich gemacht habe und wie es mir dabei ging. Auf diese Weise will sie rausfinden, ob ich am Tag auch genug für mich selbst tue.
Heute ist jetzt der 4. Tag, wo ich diesen Plan führen soll und ich merke, wie's mir immer schlechter damit geht. Ich fühle mich langsam wieder getrieben (von diesem Plan: was soll ich da reinschreiben, wie gings mir denn dabei...). Mein ganzes Denken dreht sich nur noch um diesen Plan, dass ich ja nichts vergesse, dass ich meine Zeit nicht verbummle und somit Lücken entstehen ...
Habe das Gefühl, das kommt daher, dass sie diesen Plan wohl bei Nicht-Adslern anwenden kann, aber ich mir damit restlos überfordert vorkomme.(Manchmal habe ich auch so den Eindruck, sie zweifelt wohl auch meine ADS-Diagnose etwas an).
sorry, ist bisschen lang geworden ... aber kennt sich da von Euch jemand aus, mit Verhaltenstherapie eines Nicht-ADS-therapeuten bei ADSlern oder auch mit solchen Tagesplanern?
LG
Hi kafe,
es ist mir schleierhaft, weshalb Strattera bei Erwachsenen eingesetzt wird, wo es doch andere SNRI gibt, die für Erwachsene zugelassen sind. Deshalb frage ich mich, ob du in kompetenten Händen bist.
Als ADSler eine VT bei einem Therapeuten zu machen, der keine Ahnung von ADS hat, halte ich nicht nur für rausgeschmissenes Geld - oh nein, aus eigener leidvoller Erfahrung weiß ich, wie kontraproduktiv solche Aktionen sind.
Suche bitte in deiner Nähe einen Gesprächskreis (Selbsthilfegruppe); entweder unter http://www.ads-ev.de oder unter http://www.adhs-deutschland.de. Frage dort nach ADS-kompetenten Behandlern.
Viele Grüße
Susanne
Hallo Susanne,
danke für Deine schnelle Antwort ...
Der Arzt, der mir meine Diagnose erstellte und mich auch erst mal auf Strattera jetzt einstellt, wurde mir von dem einzigen in meiner Stadt bekannten Diagnostiker für Erwachsenen-ADS empfohlen (dieser wurde mir auch von ner ADS-Selbsthilfegruppe empfohlen. Leider konnte der mich aber wegen Personalmangel in seiner Klinik, wie er sagte, nicht selbst diagnostizieren).
Bisher fühle ich mich bei meinem behandelnden Arzt auch gut aufgehoben ... habe auch schon in nem Buch über Erwachsenen-ADS gelesen, wo wohl doch manche Erwachsene erst mal so eingestellt werden und dann bei Bedarf noch Concerta nachgefahren wird. So hat es mein Arzt auch vor. Er will jetzt erst mal schauen, ob und wie das Strattera bei mir wirkt und dann evtl. noch mit Concerta nachfahren.
Und da bei mir bei der Diagnose anfangs sowieso erst mal gar nicht sicher war, ob ich ne Depression habe oder ADS oder vielleicht sogar beides kombiniert ist und ich jetzt diesbezüglich ne pos. Veränderung spüre, möchte ich erst mal weitermachen (ganz außer Acht lassend, was hier schon Negatives über Strattera geschrieben wurde )
Aber in punkto Verhaltenstherapeutin hast Du wahrscheinlich Recht . Stimmt, werde mich diesbezüglich wohl wieder an ne Selbsthilfegruppe wenden. Vielleicht hat da ja inzwischen jemand nen guten Tipp bezüglich Einzeltherapie .
Hatte irgendwie so gedacht, ich könne durch diese Therapeutin mein Verhalten ändern lernen, was ja auch schon über die Jahre hinweg jetzt neg. eintrainiert ist.(noch nebenbei bemerkt, erwähnte sie gliech beim ersten Gespräch, dass ihr Sohn auch ADS habe. Deswegen dachte ich, bei ihr gut aufgehoben zu sein.) Aber wenn diese jetzt immer wieder betont, wir wollen die ADS-Diagnose erst mal außer Acht lassen, hat das wohl keinen Sinn mit ihr, auch wenn ich ihr beim letzten Mal zugesagt habe, bei ihr weiterzumachen ...
und diesen Plan habe ich seit gestern in der vorliegenden Form auch erst mal abgebrochen ...
Aber ich werde diese Sache auf jeden Fall auch bei meinem behandelnden Arzt nächstes Mal ansprechen (obwohl der mich dann wahrscheinlich wieder an die Gruppe und/oder die stationäre Therapie verweisen wird, wie halt jedesmal, was ich aber momentan nicht möchte.)
LG
Hi kafe,
bereits gestern hatte ich den Eindruck, dass es auf den Versuch hinausläuft, ob vielleicht doch eher eine bipolare Störung zugrunde liegt, habe dies aber nicht erwähnt, um dich nicht zu beunruhigen.
Strattera ist nicht unbedingt verkehrt. Wenn es hilft, dann nur zu. Ich habe nur in diesem speziellen Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es für Erwachsene bei den SNRI Alternativen gibt (die es für Kinder eben nicht gibt).
Selbstverständlich soll die VT dazu beitragen, dass du dein eingefahrenes Verhalten ändern kannst. VT ist nicht immer nur schön, mitunter belastet es einen auch, wenn man so direkt mit dem eigenen Fehlverhalten konfrontiert wird. Bevor du die VT jetzt ganz "wegschmeißt", sprich lieber noch mal mit dem Arzt, insbesondere bezüglich der Vermutung auf "was anderes". Öhm, was spricht eigentlich gegen eine Gruppentherapie? Oder habe ich dich da falsch verstanden?
Vielleicht meldet sich ja auch noch jemand, der mit der bei Erwachsenen oft erheblich komplizierteren medikamentösen Einstellung ein bisschen mehr Erfahrung hat als ich (tonks, wo bist du???). Mach dich auf jeden Fall erst selbst mehr schlau, bevor du Türen zuschmeißt, die du hinterher nicht wieder aufkriegst.
Viele Grüße
Susanne
Hallo Susanne,
war jetzt über die Ferien nicht da .... habe aber noch ne Frage:
In Antwort auf:
Ich habe nur in diesem speziellen Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es für Erwachsene bei den SNRI Alternativen gibt (die es für Kinder eben nicht gibt).
Hab da leider gar keine Ahnung. Was gäbe es denn noch für Alternativen? Sollte man die dann primär, erst mal bevor man Strattera nimmt ausprobieren? Wegen der Nebenwirkungen?
Also, zu mir noch so viel: habe jetzt in den Ferien etwas über ne Woche Strattera auf 60 mg hochgefahren und kam damit überhaupt nicht mehr zurecht ... mir war den ganzen Tag schwindelig, immer leicht übel und ich war voll zittrig. Bin jetzt erst mal wieder runter auf 40 mg bis ich den nächsten Termin bei meinem Arzt habe.
LG, kafe
Hi kafe,
Strattera ist ein selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SNRI = Selective Noradrenalin Reuptake Inhibitor) und ist für Kinder zugelassen, nicht jedoch für Erwachsene. Es gibt mehrere SNRI-Produkte, die für Erwachsene, jedoch nicht für Kinder, zugelassen sind. Wenn du darüber mehr wissen willst, frag deinen Arzt oder Apotheker, beide sollten dir Auskunft geben können.
Hier im Forum nennen wir die MPH-Medis beim Namen, ebenfalls Strattera. Wenn andere Medis genannt werden, kriege ich Bauchweh (da ich selbst nicht nachprüfen kann, ob die von anderen Teilnehmern gemachten Angaben stimmen). Deshalb werde ich hier keine Namen anderer SNRI-Medis nennen. Ich hoffe, du verstehst das.
Davon mal abgesehen - ausprobieren is nich! Das sind doch keine Hustenbonbons, die man rezeptfrei in der Apotheke kaufen kann. "Ausprobieren" kann nur der Arzt, nicht der Patient. Und: Wo Wirkung ist, ist auch Nebenwirkung.
@ Tonks: Kannst du bitte mal was zur Strattera-Dosierung bei Erwachsenen sagen? Wie du weißt, hab ich davon keine Ahnung.
Viele Grüße
Susanne
Hallo Susanne,
entschuldigung, ich habe in den vergangenen Tagen deine Fragen gar nicht gelesen
Zu Strattera kann ich nicht viel sagen , ich kenne keine Erwachsenen die Strattera nehmen.
In dem mir bekannten Fall wurde Atomoxetin wg. Unverträglichkeit wieder abgesetzt.
MPH ist nach wie vor das Mittel der ersten Wahl, im Gegensatz zu Methylphenidat (MPH) setzt die Wirkung von Strattera
erst nach ein paar Tagen ein.
So lauten jedenfalls die mir vorliegenden Informationen, falls ich mich irre, bitte korrigiert mich.
Zur VT melde ich mich noch extra,
@ Kafe, ich schicke dir nachher eine PM
Viele Grüße
Tonks
danke für die PN, werde sie mir bald genauer durchlesen, wenn ich wieder aufnahmefähiger bin ... bin grad nicht so gut drauf ...
Hallo Susanne,
In Antwort auf:
Davon mal abgesehen - ausprobieren is nich! Das sind doch keine Hustenbonbons, die man rezeptfrei in der Apotheke kaufen kann. "Ausprobieren" kann nur der Arzt, nicht der Patient.
das ist mir schon klar, dass ich die nicht eben mal so ausprobieren kann und das keine Hustenbonbons sind. Ich meinte natürlich in Absprache mit meinem Arzt.
LG
Hi kafe,
bist du inzwischen mit der VT weitergekommen?
Es ist gar nicht einfach die richtige Therapeutin bzw. den richtigen Therapeuten zu finden.
Nein, es ist außerordentlich schwierig!
Ein wichtiges Kriterium neben der persönlichen Sympathie, die Chemie muss unbedingt stimmen, ist die fachliche Kompetenz.
Susanne hatte es bereits ausführlich beschrieben und ich habe den Eindruck du bist dir nicht mehr so sicher.
Oder habe ich dich falsch verstanden?
Zitat von kafe
.(Manchmal habe ich auch so den Eindruck, sie zweifelt wohl auch meine ADS-Diagnose etwas an).
In deiner Antwort an Susanne schriebst du
>> Aber wenn diese jetzt immer wieder betont, wir wollen die ADS-Diagnose erst mal außer Acht lassen, hat das wohl
keinen Sinn mit ihr, auch wenn ich ihr beim letzten Mal zugesagt habe, bei ihr weiterzumachen ...
und diesen Plan habe ich seit gestern in der vorliegenden Form auch erst mal abgebrochen ...<<
Die Äußerung, die ADHS Diagnose erst einmal außer Betracht zu lassen, kann man so oder so bewerten.
Die negative Sichtweise – die sagt mir nicht zu
Die Therapeutin zweifelt die Diagnose an und ADHS ist nicht so ihr Ding.
Die positive Sichtweise – und die bevorzuge ich
Die Therapeutin möchte sich erst einmal selbst ein Bild von dir machen und sehen was sich alles
zusätzlich hinter der ADHS verbirgt.
Bei uns Erwachsenen liegt i.d.R. keine reine ADHS vor, zur Grunderkrankung ADHS haben sich bei uns im Laufe
der Jahre Folgeerkrankungen (Komorbiditäten) entwickelt, z.B. Depressionen, und es ist doch denkbar dass sich
deine Therapeutin erstmal in Ruhe einen Eindruck verschaffen möchte.
Meiner Ansicht nach wäre es das Sinnvollste du sprichst sie auf genau diesen Punkt an und auf deine Schwierigkeiten
mit dem Tagesplan.
Es ist nur so eine Idee von mir, von Außen schreibt sich alles leichter als wenn man sich selbst in der Situation befindet.
So ein Tagesplan ist keine schlechte Idee, er hat seinen Sinn und seine Berechtigung,
als ADHSler findest du heraus WO deine Zeit bleibt, du siehst dann wo du dich verzettelst und erkennst die Zeitfallen
und auf diesem Wissen kannst du aufbauen.
Ich persönlich fand so einen Plan recht nützlich, ich fühlte mich damit aber auch nicht unter Druck gesetzt.
Doch dieser Plan ist natürlich zwecklos wenn das Gegenteil erreicht wird und du dich nur
unter zusätzlichen Druck setzt.
Sage deiner Therapeutin offen und ehrlich, WAS dich stört. Was kann dir schon passieren?
(Ha, und wieder so ein toller Tipp und ja, ich fasse mich schon an die eigene Nase )
Ich komme mal auf Susannes Frage zurück – Was spricht gegen eine Gruppentherapie?
Wenn dir der/die Therapeut/in zusagt, damit meine ich die Kompetenz etc, ist es doch schon
viel Wert.
Ein wichtiger Aspekt der Gruppentherapie, wenn denn auch hier die Chemie stimmt, ist
der gegenseitige Gedankenaustausch.
So, das war sehr lang,
viele Grüße,
Tonks
Hallo Tonks,
danke für Deine ausführliche Antwort ... Du sprichst mir aus der Seele ...
Bisher hatte ich auch immer noch Deine "positive Sichtweise" bevorzugt, erst seit letztem Mal hatten sich jetzt diese Zweifel eingestellt und so diese "negative Sichtweise" bei mir eingeschlichen ...
Habe morgen erst wieder einen Termin mit ihr ... werde da auch mal alles ansprechen und sehen wie es weitergeht ...
In Antwort auf:
Sage deiner Therapeutin offen und ehrlich, WAS dich stört. Was kann dir schon passieren?
(Ha, und wieder so ein toller Tipp und ja, ich fasse mich schon an die eigene Nase )
sehe ich aber genauso ...
hmmm ja ... Gruppe ist mir einfach zu viel ... für mich war das jetzt schon ne Riesenüberwindung, überhaupt zum Therapeuten zu gehen und so viel Persönliches über mich auszupacken ... und das dann vor der Gruppe ... bin da irgendwie gar nicht bereit dazu .
Viele Grüße, kafe
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