Instrumentalunterricht
Hallo,
mich würden Eure Erfahrungen zum Thema "Instrumentalunterricht" für Eure Kids interessieren? Lernen / spielen Eure Kinder ein Instrument und wie läuft das so?
Der Hintergrund,warum ich danach frage ist folgender:
Ich selbst bin mit dem Musik - machen groß geworden, es war (und ist mir noch immer) sehr wichtig und ein Leben ohne selber aktiv Musik zu machen, kann ich mir garnicht vorstellen. Musik kann einem so unendlich viel geben ... Diese Erfahrung wollte ich natürlich immer gerne auch an meine Kinder weitergeben.
So ging ich mit beiden von klein auf zur musikalischen Früherziehung (erst mit Mama, dann ohne), was beiden immer viel Spaß machte. Im Vorschuljahr begann Sohni dann dort Noten zu lernen und Glockenspiel nach Noten zu spielen. Einerseits hatte er Spaß daran und war (und ist heute noch) stolz darauf, wenn er wieder etwas Neues konnte, andererseits tat er sich teilweise sehr schwer. Das Erkennen und lernen der Noten (visuelle Wahrnehmung, hüpfender Wahrnehmungsstil), die Koordination zwischen Noten lesen und aktiver Umsetzung am Instrument sowie das tägliche Üben fielen ihm sehr schwer und belasteten ihn (und auch mich und damit auch unsere Beziehung). Allerdings hatten wir damals ja noch keine Diagnose, keine Medikamente, keine Ergo und das Kerlchen war erst 5 / 6 Jahre alt. Ich ahnte zwar etwas, konnte mir aber nicht wirklich erklären, warum er sich so schwer tat.
Am Ende der Kindergartenzeit war auch die Möglichkeit zur Teilnahme an diesem Musikunterricht erschöpft. Es kam die Einschulung mit all unseren Problemen und ich dachte an alles andere, als an Musikunterricht und legte das Thema für mich erst mal ganz weit weg - nicht ohne ein wenig Wehmut - aber wir hatten andere Proleme ...
Jetzt ist Sohni 8, hat ein erfolgreicheres Wiederholungsschuljahr hinter sich und spricht nun seit ein paar Tagen davon, er wolle ein Instrument lernen. Einerseits freut es mich - andererseits habe ich auch Angst davor, mir damit Probleme und Konflikte zu schaffen, die wir nicht haben müssten. Habe ihm gleich gesagt, dass das Instrument - spielen nicht vom Himmel fällt, dass man regelmäßig zum Unterricht gehen muss, täglich üben muss und dass es v.a. am Anfang sehr mühsam sein kann (die geringe Frustrationstoleranz lässt grüßen - was nicht spätestens beim zweiten mal funktioniert ist sch...). Wiederum würde ich ihm natürlich das Erfolgserlebnis und den Stolz darauf, etwas zu können, was nicht jeder kann, von Herzen gönnen. Er würde innerlich sicher daran wachsen.
Und angenommen, wir entscheiden uns dafür, wo wäre er wohl besser aufgehoben? Instrument lernen im Musikverein im Wohnort (quasi "vor der Haustür", er könnte alleine hin und zurück, soziale Kontakte im Ort, Vereinsleben, aber "nur" Laienausbilder, Ziel ist nicht die individuelle Ausbildung, sondern v.a. das Mitspielen in der Musikkappelle (was nun auch nicht gerade meine Musikrichtung wäre - aber das ist ja das geringste Problem ...) ) oder lieber in der Musikschule oder bei einem privaten Musiklehrer (Mama müsste fahren, aber vielleicht erfahrenere / professionellere Ausbilder, mehr Rücksicht auf individuelle Stärken / Schwächen möglich).
Habt Ihr Erfahrung mit dem Thema? Gibt es Probleme mit dem Üben - müssen? War das Lernen am Anfang schwieriger als für andere Anfänger (Sohn musste diese Erfahrung schon mal im Sport machen, dass ihn die Gleichaltrigen "von hinten" überholt haben und er "auf der Strecke" blieb, was ihn - verständlicherweise - sehr frustriert hat - das bräuchte ich bei der Musik kein zweites Mal ...)?
Liebe Grüße
lupa
Hallo lupa,
auch ich bin eine begeisterte Musikerin (Flöte und Klarinette) und kann mir ein Leben ohne meine Musik nicht vorstellen. Meine Kinder wurden von Anfang an immer irgendwie mit eingebunden zu Auftritten usw., zumal auch mein Mann damals noch aktiv Schlagzeug gespielt hat. Die Jungs kennen es also nicht anders, als wenn Mama einmal in der Woche zur Musikprobe geht und auch Instrumental-Unterricht gibt.
Wir haben hier in der Familie zwei Beispiele.
Großer Sohn:
Er hat den sogenannten "Musiker-Virus" voll abbekommen und spielt seit seinem 7.Lebensjahr mit Begeisterung Euphonium. Inzwischen ist er 15 und spielt seit 3 Jahren fest im Erwachsenen-Orchester mit. Üben war nie wirklich ein Problem. Er hat ein enormes Talent, er spielt inzwischen sogar unseren alteingesessenen Baritonisten "an die Wand". Bei ihm war Musikmachen nie ein Negativ-Thema.
Kleiner Sohn:
Er wollte im Alter von 8 Jahren unbedingt anfangen, Trompete zu spielen. Musikalisches Talent ist vorhanden. Aber seine Frustrationsgrenze ist sehr niedrig und er war am Boden zerstört, dass die Trompete nicht das machte, was er wollte. Üben - für ihn ein Fremdwort, keine Chance ihn dazu zu bewegen. Erst recht nicht täglich. Er hat dann die Trompete ins Eck gestellt und wir haben das Thema bei ihm nach 4 Monaten Stress beendet.
Zum Thema Ausbilder:
Ich selbst bilde auch Querflöte aus. Grundsätzlich muss man sagen, dass die Ausbildung in einem Musikverein und in einer Musikschule sich in den ersten 2 Jahren nicht wirklich unterscheidet, denn in dieser Zeit werden die Grundsteine für ein Instrument gelegt. Die Qualität des Unterrichts hängt sehr vom Ausbilder ab. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass Hobby-Musiker oft die besseren Ausbilder sind. Kinder, die irgendwann von einer Musikschule zum Verein kommen und professionelle Ausbilder hatten, sind oft nicht in der Lage in einer Gruppe zu spielen, beherrschen die Dynamik nur mangelhaft (weil einfach kein Wert darauf gelegt wurde).
Musikrichtung: Was denkst du, spielen die im Musikverein? Nur Humpa-Tätärä? Wir haben eigentlich alle Musikrichtungen drauf.
In einem Verein kannst du in der Regel schneller aussteigen, als in einer Musikschule, weil die Ausbildungsverträge anders gestaltet sind.
Oft ist es so, dass man in einem Verein das Instrument ausleihen kann. Das ist in der Musikschule nicht immer möglich.
Und schlussendlich kommt es auch darauf an, welches Instrument dein Sohn lernen möchte. Geige oder Klavier werden z.B. ja nicht im Verein unterrichtet.......
Mein Tipp:
Lass deinen Sohn erstmal ein Instrument aussuchen (er soll ruhig mal in verschiedene Instrumente reinpusten), danach entscheidet sich wo der Unterricht stattfinden kann. Vereinbare im Vertrag eine Probezeit von 2-3 Monaten (da sieht man schon sehr viel). Und vertraue darauf, dass dein Sohn dir schon sagen wird, wenn was nicht passt. Rechne auch damit, dass er aufgeben könnte (was gerade für Musiker-Mamas schwer ist). Lass es auf einen Versuch ankommen.
Viel Glück wünscht
Hallo lupa,
Simone hat ja schon beschrieben, wie unterschiedlich die Kids sind.
Bei uns verlief es auch sehr unterschiedlich:
Mein Mann spielt mehrere Instrumente, ich singe. Musikalität ist reichlich vorhanden.
Wir sind früher davon ausgegangen, dass die Kids uns „folgen“, was Musik angeht.
Allerdings wurde der Posaunenchor schnell gestrichen wegen der Lärmempfindlichkeit (Papa macht Krach).
Aussage eines meiner Kids mit 5 Jahren: für diese Musik muss man geboren sein, das bin ich jetzt noch nicht.
Bube 1 wollte schon seit dem 8. Lebensjahr nur Schlagzeug spielen (was ja deutlich leiser ist als Trompete – grins). Mit dem 14. Lebensjahr durfte er dann und übte fleißig und selbständig jeden Tag; heute gibt er professionell Unterricht und spielt erfolgreich in mehreren Bands. Was ich damit sagen will: ein früher Beginn ist nicht unbedingt erforderlich, Notenkenntnisse auch nicht von Anfang an, wenn die Begeisterung da ist.
Bube 2 wollte mit 4 Jahren Klavier spielen, fing mit 8 Jahren an und knallte den Deckel zu, wenn er nicht sofort Erfolg hatte. Nach wenigen Jahren hat er aufgegeben, obwohl er sehr großes Talent hat. Wir ließen ihn, denn Kämpfe gibt es ja auch genug andere bei unseren Kids. Das Klavier stand nur noch als Zierde im Zimmer. Heute macht Bube Lichttechnik bei Musikveranstaltungen, wofür man ja auch musikalisches Gespür braucht und nutzt auf diese Art seine Fähigkeiten.
Mädel 1 konnte schon mit 3 Jahren sehr schön singen, bekam vom älteren Bruder ein Mikro in die Hand gedrückt, als sie 10 war und wurde von ihm zum Gesangsunterricht überredet. Sie sang lange Zeit am liebsten nach Gehör und „der Spur nach“, lernte erst spät Noten und schreibt jetzt mit 18 Jahren eigene Texte, komponiert und hat sich selbst Klavierspielen beigebracht, weil es ja rumstand, und lange nur beklimpert wurde, und weil sie das Klavier zum Komponieren braucht.
Mädel 2 überlässt trotz musikalischer Fähigkeiten den anderen Kids das Musikspielen, und wir lassen es damit gut sein. Sie lebt sportliche Fähigkeiten aus und ist damit glücklich.
Vielleicht hätten wir mehr Druck machen können bei dem einen oder anderen Kind, aber egal bei welchem Hobby haben wir immer nur darauf bestanden, dass es mindestens ein halbes Jahr erprobt wird, bevor man sich endgültig entscheidet, und dann wieder um ein halbes Jahr verlängert. Nur auf diese Art habe ich das Durchhaltevermögen trainiert.
Welches Instrument will Dein Sohn denn gern spielen? Ich bin wie Simone der Meinung: lass es ihn ausprobieren – vielleicht auch mehrere Instrumente (Simone hat es so nett gesagt mit „reinpusten“).
Und lass ihn Spaß dran haben, das hängt wie in der Schule vom Lehrer ab und nicht nur davon, ob Verein oder Privat, ob Gruppen- oder Einzelunterricht.
Grüßle
mama4kids
Hallo,
meine kinder spielen auch beide ein Instrument. Der große Trompete , der kleine Gitarre. Ja, es ist manchmal Kampf. Die Qualität der Musiklehrer im Musikverein ist SEHR unterschiedlich. Im Prinzip geht probieren über studieren, man sollte sich drauf einstellen, dass auch hier alles etwas anders laufen kann. Mal ist die Motivation sehr hoch, mal nicht. Manchmal mache ich Druck wegen üben, oder bitte um ein "Konzert".
Manchmal klappts auch von allein mit dem üben.
Ich würde raten innerlich auf locker zu stellen, lass Sohn es versuchen, wenn es klappt ist es gut, wenn nicht kann auch ein Lehrerwechsel nötig sein -die Chemie muss halt stimmen.
Musik ist immer gut, auch wenn das kind vielleicht nicht sooo fix lernt wie manch anderer - na und ?
Am Anfang hat man eh Einzelunterricht bzw. den so lange wie es eben dauert. Ich bin sicher das ein Instrument auch die Wahrnehmungsprobleme von ADHS Kindern verbessern kann. Man sollte nur nicht so ehrgeizig sein (die Eltern versteht sich. Ein ehrgeiziges Kind soll man ja nicht bremsen.
Noch besser wenn ihr selber Musik macht, da kommt es doch auf das gemeinsame tun an und die Freude, das bringt bestimmt viel bei den Hochs und Tiefs während des übens ...
Grüße Uli
Hallo,
vielen Dank für Eure Antworten!
Ja, Ihr habt Recht, wir werden wohl ein bißchen ausprobieren müssen (die Instrumente und die Lehrer ...).
Ich selber habe früher auch ein bißchen rumprobiert: von Sopran - und Tenorblockflöte, über Akkordeon und Gitarre bin ich dann mit 13 doch bei meinem eigentlichen "Wunschinstrument" Trompete gelandet. Es folgten 20 Jahre Trompete im Posaunenchor - bis kurz vor der Geburt von Sohni. Seit dem steht sie leider in der Ecke ...
Meiner noch größeren Leidenschaft, dem Chor singen, bin ich aber seit meinem 5. Lebensjahr treu gelieben ... ohne singen geht garnicht ...
Was Sohni angeht, weiß er wohl selber noch nicht so genau, was er eigentlich will.
Zunächst fand er Schlagzeug "cool" (der acht Jahre ältere Cousin spielt Schlagzeug - dort durfte er mal probieren, das hat ihn schwer beeindruckt). Aber er sagte selber gleich: "Ach nee ... das ist so laut ... und wo sollen wir das denn hinstellen?" (Recht hat er ...). Zum letzten Geburtstag habe ich ihm mal Bongos geschenkt, die sind allerdings eher selten im Gebrauch.
Dann folgte die Trompete. Habe ihn nie in diese Richtung beeinflusst (er kennt mich ja quasi garnicht mit Trompete, spiele ja nicht mehr, seit es ihn gibt). Aber er weiß halt, dass ich eine Trompete habe und vielleicht ist es dadurch interessant. Das wäre dann evtl. die Variante "Musikverein".
Zuletzt war dann schließlich die Gitarre aktuell. Die steht hier auch noch rum, ohne das wirklich jemand darauf spielt. Ab und zu holt er sie sich mal raus und klimpert ein bißchen darauf rum. Und Gitarre als Liedbegleitung kennen die Kinder ja von Anfang an (Kindergarten, Kindergruppe etc.). Der Gitarrenunterricht wäre dann halt privat (eine Musikschule gibt es hier vor Ort leider nicht).
Naja, ich denke, er soll sich beides (Trompete und Gitarre) mal anschauen (und ausprobieren). Die Idee, mindestens ein halbes Jahr durchzuhalten, finde ich auch prima! Es muss ja nicht alles immer gleich für die Ewigkeit sein ...
Dank Euch noch mal für Eure interessanten Erfahrungsberichte!
lupa
Jetzt krame ich mein altes Thema noch mal aus der Ecke und wundere mich gerade selber, dass dieser Beitrag schon wieder fast genau ein Jahr her ist.
Heute wollte ich einfach mal ein kleines Erfolgserlebnis mit Euch teilen.
Sohn lernt nun seit September 2011 in einer kleinen, privaten Musikschule Gitarre und es läuft prima. Der Musiklehrer ist jung, nett und hat die richtige Mischung zwischen Lässigkeit einerseits und die Sache ernst nehmen andererseits. Sohni hat Spaß dran, geht gern zum Unterricht und übt täglich (fast) ohne murren.
Im Mai gibt es einen Tag der offenen Tür und gestern nun hat der Musiklehrer Sohn gefragt, ob er an diesem Tag sein "kleines Gitarrenständchen", das er gerade übt, vorspielen würde. Er könne es so gut ...
Freue mich einfach für Sohn, dass seine Anstrengungsbereitschaft endlich mal belohnt wird und er einen kleinen persönlichen Erfolg feiern und präsentieren kann.
Und bin natürlich stolz auf mein Kind, dass endlich mal was gut läuft (... entgegen aller anfänglichen Bedenken ...).
Es gibt eben auch ein Leben außerhalb der Schule!
Liebe Grüße und einen schönen Tag wünscht
lupa
- Kinder mit ADHS - Selbsthilfe für Eltern - ARCHIV
- ADHS Selbsthilfe für Eltern - 2013, 2012, 2011
- ADHS Selbsthilfe für Eltern - 2010, 2009, 2008
- ADHS Selbsthilfe für Eltern - 2007, 2006, 2005
- Medis - Archiv 2008-2010
- Medis - Archiv 2005-2007
- Bücher
- Willkommen in unserem Forum
- Kinder mit ADHS - Selbsthilfe für Eltern
- Selbsthilfe für Erwachsene mit ADHS
- Frauen und Mädchen mit ADHS
- Diagnostik, Therapie, Medikation
- ADHS und Autismus
- Plauderecke
Jetzt anmelden!
Jetzt registrieren!