Zweifel an Diagnose / Diagnostik, was denkt ihr?

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11.04.2020 01:29
#11
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Ich fang jetzt mal an - mal sehen, wie weit ich heute noch komme.

Bei Erwachsenen wird die MPH-Medikation meistens mit Medikinet adult begonnen. Beginnend mit 5(mg)-0-0 wird jede Woche um 5 mg erhöht, also 5-5-0 / 10-5-0 / 10-10-0 / 15-10-0 / 15-15-0 / 20-15-0 / 20-20-0 / 25-20-0 / 30-20-0 / 35-20-0 / 40-20-0 ... und spätestens wenn das nicht funktioniert, ist es das falsche Medikament.

Ritalin adult wird zunächst nur einmal täglich eingenommen und in Zehnerschritten aufdosiert: 10-0-0 / 20-0-0 / 30-0-0 / 40-0-0. Wenn die Morgen-Dosis funktioniert und etwa acht Stunden lang wirkt, diese Wirkdauer aber zu kurz für einen Arbeitstag ist, kann man nach sieben Stunden eine zweite Kapsel einnehmen oder mit einer unretardierten MPH-Tablette nachdosieren. Läuft das mit Ritalin adult aber auch nicht so, wie es soll, wird oft auf Strattera adult umgestellt (anderer Wirkstoff, Atomoxetin, Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer).

Für Kinder sind weitaus mehr MPH-Medikamente zugelassen. In medizinisch notwendigen Fällen können diese Medikamente auch für Erwachsene verordnet werden.

Medikinet adult und Ritalin adult sind ähnlich; es sind Zwei-Phasen-Präparate mit nahezu gleichen Inhaltsstoffen. Wenn beide nicht funktionieren, sollte man bei den nicht für Erwachsene zugelassenen MPH-Medikamenten etwas grundsätzlich anderes ausprobieren. Concerta und Kinecteen wirken zwölf Stunden lang, der Wirkstoff wird sukzessive freigesetzt und die Inhaltsstoffe unterscheiden sich deutlich von denen der Zwei-Phasen-Präparate.

Wenn es dumm läuft, klappt es damit auch nicht. Das kann generell an der Retardierung an sich liegen. Dann greift man zu sofort freisetzenden (nicht retardierten) MPH-Tabletten, vernünftigerweise zu Ritalin oder Equasym, die haben andere Bindemittel.

Bei Laktose-Intoleranz lohnt noch ein Versuch mit MethylpheniTAD.

Wenn keines dieser sieben Medikamente eine Wirkung und/oder akzeptable Nebenwirkungen zeigt, spricht man von einem Methylphenidat-Nonresponder.

Für diese Nonresponder stehen andere Wirkstoffe zur Verfügung - Dexamphetamine (Elvanse, Attentin), Atomoxetin (Strattera), Bupropion (Elontril) und Guanfacin (Intuniv).

Soviel dazu.

So, das war jetzt die ausführliche Beschreibung dessen, was kaum ein Psychiater in dieser Reihenfolge macht. Die meisten "kürzen den Weg irgendwie ab", wechseln nach zwei MPH-Versuchen den Wirkstoff und landen dann möglicherweise bei Neuroleptika und Benzodiazepinen, ohne die Notwendigkeit dafür diagnostisch abzuklären.

Das ist jetzt keine Ärzteschelte. Ärzte stecken heutzutage in einem dermaßen engen Korsett von Vorschriften, Verboten, drohenden Regressen etc., dass ihnen diese Möglichkeiten gar nicht in vollem Umfang zur Verfügung stehen.

Jetzt noch zur Frage, wie denn eine Wirkung von MPH aussehen müsste. JaNi und ich haben beschrieben, wie es bei uns ist. Wenn du selbst bei dir keine Wirkung merkst, frag mal jemanden, der dich kennt und jeden Tag sieht. Oder schreib immer mal wieder den gleichen Satz und vergleiche, ob sich deine Schrift verändert. Nimm den Fokus weg von der Konzentration und achte vermehrt auf Änderungen bei der Schusseligkeit und der Impulsivität.

Zitat
Denkt ihr das eine Depression die Wirkung auch überdecken kann?


Ein Symptom einer Depression ist ein Mangel an Aufmerksamkeit. Eben deshalb solltest du dich nicht so auf die Konzentration fixieren. Dass die auch unter Medikation nicht so ist, wie du es dir wünschst, kann an unterschiedlichen Begleiterkrankungen liegen. Sobald deine ADHS auf ein Medikament reagiert, kann man dann auch Antidepressiva gegen die Depression einsetzen.

Und bei all dem gilt: Immer nur EINEN Parameter ändern!

Lesen gefährdet die Dummheit


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14.04.2020 13:56
avatar  Axl ( gelöscht )
#12
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Axl ( gelöscht )

Liebe Susanne,

ich bin ich echt beeindruckt von diesem Forum und wie umfangreich / aufwändig hier geantwortet wird, dafür vielen lieben Dank. Bei mir wurde von Anfang an Ritalin 2x täglich verschrieben, seit heute ist die Dosis wieder erhöht auf 2x40 (je 1x morgens, 1x mittags, also 2x2x20 wenn man es genau nimmt). Ich warte jetzt mal ab bis zum Termin beim Psychiater, der ist in einer Woche, wie gesagt, ich hatte mich nicht auf Konzentration versteift oder dachte, dass ich zur Maschine werde, nur irgendeine merkliche Veränderung hatte ich natürlich schon erwartet. Aber wie man ja an deinem sehr interessanten Überblick erkennen kann, gibt es, und das wahrscheinlich nicht umsonst, eine Vielzahl verschiedener Medikamente, weil doch wohl nicht alle auf das Erste anspringen. Vielleicht habe ich etwas überreagiert, liegt sicherlich an meiner Situation, brauche einerseits Antworten und muss offensichtliche Probleme beheben, die mich gerade den Job gekostet haben, aber die Psychologin ist gleich nach der ersten Sitzung in den Urlaub und das Ritalin, das mir natürlich schon als Wundermittel verkauft wurde, hat bis jetzt nichts verändert, da bin ich wahrscheinlich etwas in den Jammermodus aberutscht. Wie von euch angeraten, habe ich mich mit Selbsthilfegruppen in Verbindung gesetzt, habe ein Telefonat mit einer Vertreterin des ADHS-Zentrum München, daraus ergibt sich sicherlich auch irgendetwas. Euch allen vielen Dank fürs Zeit nehmen,

viele Grüße


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14.04.2020 15:12
avatar  JaNi
#13
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Hallo Axl,

das du Kontakt zu einer SHG aufgenommen hast ist sehr zu begrüßen. Du brauchst ganz viele Informationen zu ADHS und die am Besten von Betroffenen, die wissen, wovon sie reden.

Schau mal hier, dieser Artikel ist vielleicht ganz interessant für dich.

https://adhsspektrum.com/2012/03/16/adhs...methylphenidat/

Viele Grüße, JaNi

Umwege erhöhen die Ortskenntnis.

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15.04.2020 11:51
avatar  Axl ( gelöscht )
#14
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Axl ( gelöscht )

Danek Jani, les ich mir durch, ich wünsch euch was!!!


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