Therapeuten finden
Zitat von SusanneG im Beitrag Wie vorgehen?
Sieh zu, dass die Medikation funktioniert und dass ASS, Angst, Zwang und Depression abgeklärt wird. Dann schau nach Psychotherapeuten, die sich wenigstens mit ADHS, gerne auch mit ASS gut auskennen. Es gibt Mittel und Wege, das herauszufinden - aber dazu müssten wir "ein anderes Fass aufmachen".
Hallo Susanne,
ich mache mal ein anderes Fass auf und frage, wie ich einen guten Therapeuten erkennen kann.
Bald haben wir ein Erstgespräch in einer anderen Praxis und danach hoffentlich die Diagnostik.
Da die Wartezeiten überall lang sind, möchte ich mich schon mal nach Therapeuten umschauen. Die meisten behaupten, sich mit ADHS auszukennen und machen auch einen netten Eindruck, aber ob sie wirklich gut sind …?
Eine Therapeutin hat auch gesagt, dass bei ADHS eine Gruppentherapie gut wäre, ist es so?
Die ist noch schwieriger zu finden.
Zitat von mi-le im Beitrag #1
... ich mache mal ein anderes Fass auf ...
Das ist zwar mein Spruch aber ja, mach mal - ein neues Fass ist immer gut.
Zitat von mi-le im Beitrag #1
... wie ich einen guten Therapeuten erkennen kann.
Ich wünschte, wir hätten bei der Diskussion, wie man "testet", ob man einen kompetenten Behandler erwischt hat, auch ein neues Fass aufgemacht - dann würde ich es nämlich jetzt finden und nicht erst mal eine halbe Stunde erfolglos "im Nebel rumstochern". Dann halt net - man kann es ohnehin nicht oft genug schreiben. Erinnere mich daran, wenn von mir nichts kommt - ich muss hier erst mal meinen Pflichten nachgehen.
Zitat von mi-le im Beitrag #1
Die meisten behaupten, sich mit ADHS auszukennen und machen auch einen netten Eindruck, ...
Wenn sie das behaupten, hast du ja schon danach gefragt - das ist schon mal der richtige Ansatz. Doch Obacht! Es ist nicht relevant, ob Kenntnisse über ADHS auf der Website stehen oder die Fachkraft am Telefon das sagt - relevant ist lediglich, wie gut sich der Behandler selbst damit auskennt. Den kannst du vermutlich erst beim Erstgespräch danach fragen - heißt also, nimm ALLE Termine wahr, die du bekommen kannst.
Zitat von mi-le im Beitrag #1
Eine Therapeutin hat auch gesagt, dass bei ADHS eine Gruppentherapie gut wäre, ist es so?
Vor zwanzig Jahren war heilpädagogische Entwicklungstherapie in der Gruppe die Therapie der ersten Wahl. Das scheint heute nicht mehr so zu sein - ich bin da jetzt raus, sorry. Aber Gruppentherapie generell ist bestimmt nicht verkehrt, schließlich geht es ja auch um das Sozialverhalten.
Zitat von mi-le im Beitrag #1
Die meisten behaupten, sich mit ADHS auszukennen und machen auch einen netten Eindruck, aber ob sie wirklich gut sind …?
Genau, behaupten tun das erst mal fast alle. Schaue da ganz genau und frage kritisch und gezielt nach.
Bei uns war es so, als ich eine amb. Psychotherapie für mein Kind suchte, dass es leider wegen der falschen Therapeutin schnell wieder erledigt war. Ich fragt auch, ob sie sich denn mit ADHS auskennt, die Antwort war ja und ich glaubte ihr
Sie hatte null Ahnung von ADHS und demotivierte meinen Sohn mit jeder Stunde mehr... Als sie irgendwann verwundert anmerkte, dass mein Kind ja eine sehr geringe Frustrationstoleranz hätte, machte es bei mir klick. Konnte auch diecvon Sohni geschilderten frustrierenden Erlebnisse in den jeweiligen Stunden absolut nachvollziehen. Kurzerhand brachen wir die Therapie dort ab und mein Kind hatte keinen Bock auf einen neuen Versuch anderswo. Mal ganz abgesehen davon, dass ich ihm den geeigneten Therapieplatz auch erst hätte backen müssen...
Wir hatten damals eine sehr engagierte Schulpsychologin, die mit ihm 10 Stunden gemacht hat, um ihm wenigsten ein bisschen beizubringen, wie er sich in der Schule besser "sortieren" kann.
Das war nur ein Tropfen auf den heißen Stein und es geht ja nie allein um das Thema Schule, aber mehr war damals nicht zu kriegen. Diese hatte auch wenig Ahnung von ADHS, war aber sehr empathisch und mein Kind kannte sie schon länger und mochte sie sehr. Einfach deshalb, weil sie Kinder wirklich mag (alle Kinder, gerade auch unsere Speziellen...) und die Kinder das auch spüren. Ihr hat mein Kind ganz ganz viel zu verdanken.
Deshalb, schau ganz genau und scheue dich nicht, kritisch zu sein. Lass dich auch nicht nach dem ersten Kennenlernen aus dem Behandlungszimmer komplimentieren. Den Fehler habe ich damals gemacht...
Lieber länger auf einen geeigneten Therapeuten warten, als kurzfristig an den Falschen geraten.
Zitat von JaNi im Beitrag #3
Lieber länger auf einen geeigneten Therapeuten warten, als kurzfristig an den Falschen geraten.
Wir bzw. Sohn hat ja schon 2 Jahre Therapie hinter sich, die nichts gebracht hat.
Einerseits habe ich genug davon, andererseits kommen wir nicht so richtig weiter, deswegen denke ich wieder an Therapie und andere Möglichkeiten, wo ich sonst Hilfe holen könnte.
Zitat von SusanneG im Beitrag #2
Aber Gruppentherapie generell ist bestimmt nicht verkehrt, schließlich geht es ja auch um das Sozialverhalten.
Gruppentherapie bei ASS kann schwierig werden. Erst muss sich das Kind ja Mal selber verstehen, bevor es nach der anstrengenden Schule nochmal den Reizen einer Gruppe und einem Therapeuten ausgesetzt ist.
Unserem Zwerg war schon oft die Einzeltherapie zuviel. Gruppentherapie wäre gar nicht gegangen.
Wenn dir unser Ansatz hier im Forum gefällt (Kind und seine Bedürfnisse stehen im Vordergrund, Kommunikation ist wertschätzend und auf Augenhöhe, "schwarze Pädagogik" geht sowas von gar nicht, die Vorstellungen anderer Leute zum Thema Kinder erziehen dürfen sie gerne behalten, unsere Erziehung soll unsere Kinder zuerst mal stärken und das geht ohne Strafen), dann sollten die Behandler den gleichen Ansatz haben.
Was jetzt kommt, sind Beispiele - du darfst dir gerne eigene Fragen ausdenken. Hier im Forum findest du bestimmt eine reiche Auswahl. Und du musst keines der Bücher gelesen, keinen der Referenten gehört, keine Vorgehensweise ausprobiert haben - du stellst nur Fragen, deine Meinung bildest du dir anhand der Antworten.
"Das neue Buch von Hallowell, Ratey - ADHD 2.0 - gibt es das auch auf Deutsch?" (Gibt es, heißt ADHS ist kein Makel)
"Elterntraining - eignet sich Triple P bei ADHS?" (Positive Parenting Programme, ist absolut kontraproduktiv)
"Bevor ich viel Geld für Elterntraining hinlege und Betreuung für die Kinder organisiere, möchte ich sowas gerne "für kleines Geld" online machen. Gibt es sowas?" (Gibt es - kostet beim ADHS Deutschland den Mitgliedsbeitrag (ich meine, die buchen 45 Euro pro Jahr bei mir ab) und die AOK bietet es kostenfrei auf ihrer Website an - auch für Mitglieder anderer Krankenkassen)
"Bezahlt die Krankenkasse das Elterntraining?" (Meistens. Bei manchen Kindertherapeuten ist Elterntraining im Angebot enthalten. Alternativ sucht man sich selbst ein Elterntraining aus und stellt bei der KK einen Antrag auf Kostenübernahme. In der Regel übernimmt de KK die Kosten, wenn ein Kurs komplett absolviert wurde.)
"Wie stehen Sie zum Thema Medikamente bei ADHS?" (Dein Sohn bekommt Medis - der Behandler muss damit klarkommen; wenn nicht, hast du ein Problem.)
Sorry, ich kann es gerade nicht besser. Vielleicht kommt noch was von mir. "Testfragen" zu ASS müssten von Andrea kommen.
Ich kann leider nicht zum Wiki verlinken, also zitiere ich mal:
Zitat
ADHS - Wer stellt die Diagnose? Wer therapiert? (Autor: Dr. Rupert Filgis)
In den Selbsthilfegruppen vor Ort werden hierzu allgemeine und persönliche Erfahrungen ausgetauscht.
Eine seriöse, nämlich vorbehaltlose und ergebnisoffene Herangehensweise sammelt zunächst Befunde nach den Regeln der Kunst. Deren sorgfältige Abwägung und Interpretation ermöglicht dem Erfahrenen abzuklären, ob eine ADHS vorliegt oder ausgeschlossen werden kann; bzw. welcher Schwere- und Ausprägungsgrad und welche der häufigen Zusatz- oder Folgestörungen vorliegen.
Die Diagnose ADHS wird wie nahezu alle psychiatrischen Diagnosen klinisch erhoben, also durch Beobachtung, Fragen, Gespräche und psychologische Tests. Es gibt bisher bei ADHS wie z.B. bei Depressionen, Zwängen, Wahn-, Angst- oder Persönlichkeitsstörungen noch keinen spezifischen, zum eindeutigen Nachweis genügenden Messwert, Blutbestandteil und kein bildgebendes Verfahren. Die beste diagnostische Vorgehensweise nach dem neuesten Stand wissenschaftlicher ADHS-Forschung ist für jeden in den Leitlinien der Fachgesellschaften zu ADHS nachzulesen.
Eine leitliniengerechte psychiatrische Diagnostik schließt sechs Lebens- und Funktions-Bereiche (Achsen) ein, prüft die richtige Funktion der Organe und Sinne, klärt die Begabung/Intelligenz des Patienten ab, schaut auf die psychosozialen Verhältnisse in der Familie und wie der Patient mit den an ihn gestellten Alltagsanforderungen im Vergleich zu seinen Altersgenossen zurechtkommt. Daraus wird klar, dass nur ein Fachmann oder ein Team mit entsprechender Expertise die Diagnose ADHS sorgfältig stellen kann. Alternative Diagnostik ist untauglich, mitunter sogar gefährlich.
Wichtig dabei ist, dass die durch Gespräche, psychologische Tests und diagnostische Fragebögen erhobenen Befunde kritisch hinterfragt werden und andere Ursachen für die vorliegenden Beschwerden so sicher wie möglich ausgeschlossen werden.
Oft sind die Wege zu bewährten Facheinrichtungen lang und die Wartezeiten scheinen unzumutbar. Insgesamt ist die Versorgungslage vor allem in der Fläche nach wie vor unzureichend. Deshalb hier einige Tipps zu der Fragestellung, wie man einen seriösen Diagnostiker und Therapeuten erkennen kann. Dies ist auch deshalb nötig, weil die ADHS zu einem profitablen Markt für diverse Anbieter alternativer Vorstellungen und Therapien, für Heilsversprecher und Medizinkritiker geworden ist.
Zudem quälen viele Eltern Ängste vor einer psychiatrischen Diagnose für ihr Kind. Die aktuelle Medienberichterstattung verstärkt Vorbehalte gegenüber Medikamenten bei der ADHS-Therapie, die in der Bevölkerung ohnehin schon vorhanden sind: Wer reißt sich schon um eine psychiatrische Diagnostik? Wer gibt seinem Kind schon gerne Therapie oder Medikamente?
ADHS kann das Leben und Zusammenleben sehr belasten. Die Eltern suchen eine Diagnostik nicht zum Spaß auf, sondern weil sie erheblichen Leidensdruck verspüren. Niemand sollte Sie nur vertrösten oder einfach wegschicken, zumal ADHS-Patienten und ihren Familien gut geholfen werden kann.
ADHS ist nach heutigem Wissen in hohem Maße angeboren und Vererbung spielt eine große Rolle. Deshalb ist es immer erforderlich auch die Eltern des Kindes auf eine eigene ADHS-Problematik hin zu untersuchen. Dies ist auch für die Auswahl zweckmäßiger Therapiebausteine wichtig.
Obwohl die Diagnose ADHS in der Fachwelt weltweit unbestritten ist und von seriösen Medizinern oder klinischen Psychologen so sicher gestellt werden kann wie jede andere psychiatrische Diagnose, ist sie in der BRD noch relativ neu. Viele Diagnostiker kennen sich noch nicht gut aus, haben wenig Erfahrung mit der Problematik, sind durch die Medienberichterstattung selbst verunsichert oder haben den neuesten Entwicklungen in der Forschung gegenüber Vorbehalte. Hierbei spielen auch standes- und interessenpolitische Prozesse mit, die der uninformierte Patient nicht kennen kann.
Links zu Wikipedia: Patientenrecht und Psychologische Diagnostik
Wichtige Kriterien zum Erkennen von Seriosität
Berufliche Qualifikation: z.B. Kinder- und Jugendpsychiater, Kinderarzt
oder Hausarzt mit einschlägiger Weiterbildung und Erfahrung, klinischer Psychologe
Arbeitet offen und kollegial mit Fachkollegen und weiteren Kompetenzträgern zusammen
Erklärt auf Nachfrage, mit ADHS Erfahrung zu haben und nach den Leitlinien vorzugehen
Erklärt jeden Einzelschritt und das Vorgehen insgesamt
Beantwortet bereitwillig Fragen und ermuntert sogar dazu
Lässt anerkannte diagnostische Frage- und Beobachtungsbögen ausfüllen
(durch Eltern, Erzieher, Lehrer), holt breit gefächert Informationen ein
Stellt Fragen zu Auffälligkeiten im Familien- und Verwandtenkreis (auch aus deren Kindheit)
Äußert keine Vorbehalte oder Ablehnung gegenüber ADHS
z.B.: „Modediagnose“, „halte nichts davon“, „Ausrede“, „nur Eltern überfordert“
und anderweitige unqualifizierte Bemerkungen
Bagatellisiert nicht; nimmt Sorgen und Nöte von Eltern und Kind ernst,
vertröstet nicht, wimmelt nicht ab: „abwarten, wächst sich noch aus“,
„nur etwas lebhaft“, „ist halt noch etwas verträumt“
Lässt sich Zeit bei der Diagnose, klärt sorgfältig ab, prescht nicht mit Blickdiagnosen vor
Stellt schnell tragfähige Beziehung zum Patienten, Kind, Jugendlichen her,
bietet sichere, geborgene Atmosphäre, vermittelt menschliche und fachkompetente Anteilnahme
Überfordert Patienten nicht mit zu umfangreichen oder zu langen Prozeduren
Strukturiert klar und führt freundlich Eltern und Patient durch Diagnostik und Therapie
Sieht nicht nur Schwächen und Beschwerden sondern betont auch Stärken (Ressourcen)
Patient-Behandler-Eltern-Beziehung ist partnerschaftlich;
Aussagen, Wünsche, Ängste und Ziele von Patient und Eltern werden ernst genommen;
dies wird ihnen auch spürbar vermittelt
Erkennt Eltern zunächst als Experten für ihr Kind an, die mehr als jeder andere ihr Kind kennen und lieben;
die beschränkte Zeit der Diagnostik kann nur einen begrenzten Einblick bringen
Fixiert sich nicht auf Einzelbefunde wie z.B. einen „schlechten“ Intelligenztest
sondern berücksichtigt Gesamteindruck, Mitarbeitsbereitschaft, Stimmung und Tagesform des Patienten
Bespricht Befunde und Folgerungen verstehbar mit Patient und Eltern; geht auf Bedenken ein
Orientierung an praktischen, zeitnahen Lösungen; Verzicht auf (schnelle) Schuldzuschreibungen
Kann zuhören und eventuelle Fehlschlüsse korrigieren
Bedient sich einer verständlichen Sprache; prüft nach, ob wirk¬lich alles verstanden wurde
Kann mit berechtigten Anliegen oder kritischen Einwänden konstruktiv umgehen
Beantwortet Fragen direkt und auf das Problem bezogen und nicht mit Umschweifen
oder Gegenfragen wie z.B.: „Warum meinen Sie jetzt, das fragen zu müssen?“
Aufklärung über Risiken und Chancen von Behandlung und evtl. Folgen der Unterlassung
Patient und/oder Eltern erkennen sich und ihre Situation in Diagnose und Beschreibung
des Diagnostikers wieder; Therapieziele werden gemeinsam nach Dringlichkeit erarbeitet
Die aus der Diagnose abgeleitete Therapie bringt spürbar Entlastung und Besserung
Therapie wird den Bedürfnissen des Patienten über die Zeit angepasst
Therapie wird den realistischen Möglichkeiten von Patient und Familie angepasst
Patient, Eltern und gegebenenfalls Schule bekommen Störungsbildverständnis vermittelt
Kompetenzen (Ressourcen) von Patient und Familie werden konsequent genutzt und verstärkt
Schmiedet aus Patient, Familie und evtl. Schule ein Team, das an einem Strang zieht
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