Ich bin ganz "neu" betroffen und habe tausend Fragen

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26.06.2014 21:03
avatar  Hope
#1
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Hallo,
ich bin Mama von 2 Kindern, mein Sohn ist 8 (aber nur äußerlich), eigentlich eher wie meine Tochter(3).
Vor kurzem wurde das, was ich schon seit mehreren Jahren ahne zur grausamen Sicherheit. Mein Sohn hat ADHS und treibt vor allem mich irgendwie in den Wahnsinn. Vielleicht bin ich auch nur so sehr empfindlich, das weiß ich nicht so genau. Mein Mann sieht das alles ein wenig lockerer, während ich am Verzweifeln bin.
Nun, ich habe wirklich tausend Fragen und weiß eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll.
Die wichtigsten Fragen, die ich mir täglich stelle, ist eigentlich die, wie ich meinem Sohn helfen kann. Und: wie wird unser Familienleben endlich wieder etwas harmonischer?
Habt ihr Tipps, wo ich mir Hilfe holen kann?
Danke und Gruß
Hope


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26.06.2014 22:31
avatar  lupa
#2
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Hallo Hope,

herzlich willkomen im Forum des ADHS Deutschland eV.!

Zitat
Habt ihr Tipps, wo ich mir Hilfe holen kann?


Die erste Anlaufstelle hast Du doch schon gefunden ... hier im Forum bist Du genau richtig! Lies dich in aller Ruhe durch die Beiträge und Du wirst sicher schon einige hilfreiche Tips finden. Und wenn Du Fragen hast ... immer her damit! Hier bekommst Du immer eine Antwort, denn wir sind viele ... und Du bist nicht allein!
Darüber hinaus findest Du auf unserer Hompage unter der Rubrik "Unser Angebot" eine Übersicht über unser Selbsthilfegruppen. Dort kannst Du mit deiner Postleitzahl nach einer Gruppe in deiner Nähe suchen. Sicher findest Du dort erfahrene Ansprechpartner, die dir weiterhelfen können und die Möglichkeiten vor Ort gut kennen (z.B. Adressen von Therapeuten, Ärzten, Beratungsstellen usw.).

Zitat
Die wichtigsten Fragen, die ich mir täglich stelle, ist eigentlich die, wie ich meinem Sohn helfen kann. Und: wie wird unser Familienleben endlich wieder etwas harmonischer?


Hier ist sicher ein Elterntraining hilfreich. Das sollten eigentlich alle betroffenen Eltern besuchen, da man dort lernt, zu verstehen, WARUM das Kind sich "so" verhält (so anders, so schwierig, so anstrengend, so ...) und wie man am besten damit umgehen kann.

Zitat
Vor kurzem wurde das, was ich schon seit mehreren Jahren ahne zur grausamen Sicherheit. Mein Sohn hat ADHS


An welchem Punkt steht ihr denn jetzt? Wie war euer Weg bisher?
Wenn Du schreibst "es wurde zur Sicherheit" dann heißt das, dass ihr eine gesicherte Diagnose habt? Seit wann? Wer hat diese gestellt? (Bitte keine Namen! Es geht um die Fachlichkeit ... Arzt, SPZ o.ä.) Was habt ihr in der Vergangenheit bereits unternommen? Gibt es einen Plan für das weitere Vorgehen (z.B. Elterntraining, Therapie, Medikamente ...)?

Zitat
und treibt vor allem mich irgendwie in den Wahnsinn.


Das Gefühl kennen wir hier alle!
Aber was genau ist das Problem? Welches Verhalten von Sohn macht es so schwierig? Wann und wo tritt es auf? Je konkreter Du das Problem beschreibst, desto konkreter kann man Dir antworten.

Zitat
Nun, ich habe wirklich tausend Fragen und weiß eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll


Frag einfach drauf los und fang am besten da an, wo der Schuh im Moment am meisten drückt.

Kopf hoch und gib die Hoffnung nicht auf!

Liebe Grüße

lupa

Ja, ich bin durchgeknallt und nein, ich kann mich nicht mal eben zusammenreißen.

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26.06.2014 22:57
avatar  Jo007
#3
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Hey!

Den 1. Schritt hast du schon gemacht.

Du bist hier.
Lies dir doch mal in Ruhe das Forum durch, da werden viele (auch ungefragte Fragen) beantwortet.

Ich persönlich habe die Diagnose AD(H)S für meinen Frosch übrigens in keiner Weise als grausam empfunden! Eher als Erleichterung.
Endlich hatte es einen Namen!

Und mit dem Wissen, dass das, was er manchmal halt macht (oder eher nicht) eine neurologische Ursache hat; begann bei mir einfach eine gewisse Art der Gelassenheit.
Zwar Zähneknirschend, aber auch das wird weniger.

Es werden sich bestimmt hier noch die erfahrenen Forum- Mamis mit entsprechenden Hilfelinks melden!

Und du solltest deine Fragen präzensieren!

Weil, 1000 Fragen stellen sich mir jeden Tag!

Gute Nacht, dat Jo


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26.06.2014 22:58
avatar  Jo007
#4
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Da war mal wieder jemand schneller - zum Glück!


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27.06.2014 00:33
avatar  3,1415
#5
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Liebe Hope,

in Ergänzung zu meinen Vorschreiberinnen möchte ich nur eine Sache ergänzen:

Zitat von Hope im Beitrag #1
Vor kurzem wurde das, was ich schon seit mehreren Jahren ahne zur grausamen Sicherheit.


Bitte streiche diesen Gedankengang ganz schnell. Leukämie ist grausam. Schwere Unfallfolgen sind grausam. ADHS ist nervtötend, anstrengend, irre, variabel, unvorhersehbar, spannend, aufregend, witzig, chancenreich und regelmäßig zum "in die Tischkante beißen". Aber grausam ist sie nicht.

Wir alle hier kennen die Situation mit (mind.) einem ADHS-Kind, und wir wissen, es ist alles andere als einfach. Vor allem am Anfang, wenn die Diagnose noch neu ist. Meist hat man da schon einen langen Weg hinter sich, viele Verhaltensweisen in der Familie haben sich etabliert, man ist oft in eingefahrenen Gleisen unterwegs. Doch wenn Du eine gesicherte Diagnose hast, gibt es endlich einen Ansatzpunkt. Du weißt jetzt, warum Dein Sohn so reagiert, wie er es tut. Es ist keine böse Absicht, es hat eine fassbare Ursache. Macht Euch das immer wieder bewusst klar, denn es hilft ungemein dabei, einen gelasseneren Umgang mit der Situation zu finden (zugegeben, es ist mit einem ADHS-Kind nie einfach, ständig gelassen zu sein...)

Jetzt ist es für Euch wichtig, Euch so gut wie möglich über die ADHS zu informieren. Die Seiten des ADHS Deutschland e.V. geben hier viele Hinweise und Informationen. Auch Literaturempfehlungen findest Du dort. Und Lupa hat die vielen, vielen Selbsthilfegruppen ja schon erwähnt. Wenn es in Deiner Nähe eine Gruppe gibt, dann ist das eine sehr gute Option für Dich. Es gibt nicht nur viele Erfahrungswerte, sondern vor allem viele Gleichgesinnte - man ist endlich mal unter Menschen, denen gegenüber man sich nicht für sein Kind rechtfertigen muss. Denen man nicht erklären muss, dass ADHS weder eine Modeerscheinung noch eine Erfindung der Pharmaindustrie ist. Von denen man nicht per se als erziehungsunfähig hingestellt wird - denn wir wissen eben, wie es ist.

Und wenn es keine Gruppe in Deiner Nähe gibt, dann hast Du immer noch uns. Hier im Forum gibt es viele erfahrene Mamas. Manche mit kleinen, manche mit großen Kindern (mit ADHS in unterschiedlicher Ausprägung). Auch Erwachsene mit ADHS treiben sich hier herum. Stelle Deine 1000 Fragen ruhig - wir sind auf alles gefasst

Bitte beachte dabei aber auch, dass Du in einem öffentlichen Forum schreibst. Nicht nur Mitglieder, auch Gäste können hier mitlesen, und Deine Beiträge werden leicht auffindbar sein, wenn Du zu viel persönliches von Dir preisgibst. Also bitte keine Namen nennen (weder Eure, noch die von Lehrern, Therapeuten etc.), keine Wohnorte (auch nicht über 2 Ecken, z.B. "Unser Therapeut in Berlin..."), keine Schulen etc. - wer weiß, welche Personen sich hinter dem Begriff "Gast" verbergen. Leider meinen es nicht alle Menschen gut mit uns ADHS-Familien.

Also, Kopf hoch, Deinem Nicknamen alle Ehre machen und die Diagnose als Neuanfang und Chance begreifen. Soweit wir das können werden wir Dir zur Seite stehen!

Herzliche Grüße
vom pi


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27.06.2014 14:36
avatar  Hope
#6
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Hallo, ihr vielen Mitstreiter,

danke erst einmal für die vielen Antworten und den Mut, den ihr mir gemacht habt.
Zuerst muss ich sagen, den Nicknamen habe ich mir gegeben, weil ich tatsächlich etwas Hoffnung geschöpft habe, als ich die vielen Beiträge von euch gelesen hatte bevor ich mich hier anmeldete.
"Grausame Gewissheit" war es eigentlich nur deshalb, weil ich mir nicht sicher war, was ich eigentlich besser finden sollte: zu wissen, ich bin total unfähig, mein Kind zu erziehen oder eben ADHS. Wobei diese Diagnose wahrscheinlich besser zu verarbeiten und zu behandeln ist als das andere. Von daher habt ihr Recht - eigentlich ist es ehre eine Erleichterung.

So, nun zu den Fragen:
Wie war unser Weg? Im Kindergarten war Sohnemann schon immer irgendwie auffällig, in manchen Sachen auch immer etwas hinterher: Malen, Basteln, usw. war gar nichts für ihn. Spielen mit anderen sehr problematisch. In der Familie gibt es übrigens mehrfach ADHS, daher kenne ich die Krankheit, habe mich aber eigentlich immer etwas gegen diesen Gedanken gesträubt- ich weiß gar nicht so richtig warum. Die Vermutung war dennoch immer irgendwie da. Dann kam die Schule. Nach 1/2 Schuljahr voller Probleme konnte der Zwerg noch immer kein einziges Wort lesen. Seitdem übe ich täglich mit ihm und es geht nur schleppend vorwärts (jetzt ist Ende der 2. Klasse). Dann hat die Lehrerin einmal gemeint, er hätte wahrscheinlich 1 Jahr später eingeschult werden müssen. Zunehmende Konzentrationsschwierigkeiten und Riesenprobleme im Sozialverhalten folgten. Langsam aber sicher wurde er zum Schreckgespenst für seine Lehrerin - die war maßlos überfordert, hat aber die ADHS-Untersuchung angeregt.
Vor einem Jahr haben wir also unzählige Tests bei einem Psychologen machen lassen - raus kam: Konzentrationsprobleme und schrecklich schlechtes Kurzzeitgedächtnis, Zappeligkeit, die zwar ständig aber nicht schlimm sei. Das war alles. Also dachte ich wieder, ich sei zu blöd, ...
Ich suchte Rat bei der Elternberatungsstelle vom Landkreis, die dazu rieten unbedingt Zweitmeinung einzuholen, weil sich das schwer nach ADHS anhört. Nach fast einem Jahr habe ich mich dazu überwinden können, dies zu tun, weil alles immer schlimmer wurde. Der Arzt, der mir genannt wurde von der Beratungsstelle ist ein Hausarzt, der sich aber auf ADHS spezialisiert hat. Der hat nun noch ein paar Tests gemacht und bestätigt, was ich schon immer irgendwie vermutet habe. Nun wird mein Sohn auf Tabletten eingestellt und ich hoffe ein wenig auf Besserung.
Ein Elterntraining würde ich gern machen, aber von wo bekomme ich sowas?
Die größten Probleme sind zur Zeit die Hausaufgaben. Ich weiß gar nicht, wann ich die mit ihm machen soll, weil er sich nie konzentrieren kann. Und er hat im Moment echt viel. Da lasse ich ihm dann schon nur die Hälfte machen, aber dann kommt er ja auch nicht vorwärts in seinem Wochenplan, den er in der Woche schaffen muss. Und dann ist da immer die kleine Schwester - die ihn fürchterlich ablenkt. In sein Zimmer, wo er seine Ruhe hat, will er auch nicht allein. Komme ich deshalb mit, ist die Kleine natürlich auch wieder da.
Das nächste große Problem ist der Umgang mit seiner Schwester - die ständige Provokation usw. Die Reaktion von Töchterchen in der Trotzphase mit 3 Jahren fällt entsprechend intensiv aus. Wie geht ihr denn mit diesen Problemen um?

Liebe Grüße von Hope


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27.06.2014 22:42
avatar  lupa
#7
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Hallo Hope,

Zitat
Vor einem Jahr haben wir also unzählige Tests bei einem Psychologen machen lassen - raus kam: Konzentrationsprobleme und schrecklich schlechtes Kurzzeitgedächtnis, Zappeligkeit


... und da denkt der Mann nicht an ADHS!? *kopfschüttel*
Sei froh, dass die Dame von der Erz.berat.stelle so aufmerksam war und du eine zweite Meinung eingeholt hast! Manchmal müssen wir lange Wege gehen, auch wenn´s schwer fällt.

Zitat
Nun wird mein Sohn auf Tabletten eingestellt und ich hoffe ein wenig auf Besserung.


Gut, dass ihr euch dafür entscheiden konntet! Ich denke, gerade was die Schul - und Hausaufgabensituation angeht, durfte sich mit einer gut eingestellten Medikation einiges entspannen. Natürlich fällt den Kids auch dann nichts in den Schoß und vieles bleibt schwieriger als für "Normalokinder". Aber sie können sich dann einfach besser konzentrieren, bleiben länger dran, ohne sich ständig selbst zu unterbrechen, können besser zuhören, wenn man ihnen etwas erklärt etc. Und dadurch werden sie dann unter´m Strich auch schneller fertig.
Bei uns war das erste Schuljahr mit Sohn (heute 11 J., Ende Klasse 4) ohne Medis auch die Hölle ... mit täglichen, stundenlangen Hausaufgabendramen und dem Gedanken an Umschulung in die Förderschule. Unser Arzt sagte mir damals: "Sie werden sehen: wenn Sohn die Medikamente bekommt, werden die Karten völlig neu gemischt". Er sollte Recht behalten. Die letzten vier Jahre waren nicht leicht und oft haben wir hart gekämpft. Aber die Förderschule ist uns erspart geblieben und auch Klasse 4 haben wir jetzt bald überstanden! Und mit 3ern und 4ern (und ab und zu sogar mal einer 2!) lässt sich´s auch ganz gut leben. Es MUSS nicht jedes Kind auf´s Gymnasium ...

Zitat
Ein Elterntraining würde ich gern machen, aber von wo bekomme ich sowas?


Frage in der Selbsthilfegruppe oder dort, wo diagnostiziert und therapiert wird, nach einem ADHS-spezifischen Elterntraining. Dort kann man dir sicherlich sagen, wo ein Elterntraining in eurer Nähe angeboten wird und wie der formale Weg dorthin genau ist.
Darüber hinaus bietet der ADHS Deutschland e.V. auf seiner Website seinen Mitgliedern demnächst die Möglichkeit, an einem Eltern - Coach - Programm teilzunehmen. Dieses ist zwar NOCH nicht online, wird aber wohl nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Dieses kann zwar ein Elterntraining nicht ersetzen, aber sicherlich sinnvoll ergänzen. Also in nächster Zeit einfach immer wiedermal bei www.adhs-deutschland.de reinklicken. Außerdem erfährst du sicher auch hier im Forum, wann es mit dem Eltern - Coach so weit ist.

Zitat
Die größten Probleme sind zur Zeit die Hausaufgaben. Ich weiß gar nicht, wann ich die mit ihm machen soll, weil er sich nie konzentrieren kann. Und er hat im Moment echt viel. Da lasse ich ihm dann schon nur die Hälfte machen, aber dann kommt er ja auch nicht vorwärts in seinem Wochenplan, den er in der Woche schaffen muss. Und dann ist da immer die kleine Schwester - die ihn fürchterlich ablenkt. In sein Zimmer, wo er seine Ruhe hat, will er auch nicht allein. Komme ich deshalb mit, ist die Kleine natürlich auch wieder da.


Zum Thema "Konzentration" (s.o.) werden euch sicher bald die Medis hilfreich sein.

Nur die Hälfte machen lassen, kann durchaus eine gute Strategie sein. Das haben wir auch phasenweise in Absprache mit der Lehrerin so gehandhabt. Es bringt NICHTS, Sohn stundenlang zu quälen ... außer, dass ihr euch alle damit kaputt macht. Nur die Hälfte und das aber mit voller Energie kann da sinnvoll und hilfreich sein. Natürlich darf Sohn sich nicht darauf ausruhen, nach dem Motto: "Ich brauch ja nur die Hälfte machen ..., ätsch!" Ich habe Sohn immer gesagt: "Jetzt machst du erst mal xyz, ich schaue mir an, wie du damit zurecht kommst und wie lange du brauchst und dann entscheide ich, ob oder wie viel vom Rest wir noch machen oder auch nicht." Das hat meistens ganz gut geklappt und nimmt ein bißchen Druck raus.

Beim Wort "Wochenplan" geht mir der Hut hoch! Sowas gehört für unsere Kinder einfach abgeschafft! Damit sind sie restlos überfordert. Macht die Lehrkraft wenigstens tägliche Vorgaben oder müssen sie sich den Kram komplett selber einteilen? Dann übernimm du das für ihn. Und schau, wo du "entrümpeln" kannst. Manches kann vielleicht (in Absprache) auch mündlich erledigt werden. Wenn Sohn garnicht mehr konnte, habe ich schon mal die "Sekretätin" gespielt, d.h. er hat die Kopfarbeit gemacht und ich habe für ihn geschrieben (geht v.a. in Mathe prima!), Ausmalarbeiten müssen nicht immer perfekt und vollständig sein (oder Mama springt beim malen und ausschneiden mal ein ). Aus dem Buch abzuschreibende Matheaufgaben habe ich Sohn regelmäßig diktiert. Das geht drei mal so schnell, als wenn er nach jeder Aufgabe erst wieder die richtige Stelle im Buch suchen muss und dann beim Abpinseln noch drei mal in der Zeile verrutscht. Eine große Abschreib - und Orientierungshilfe sind für uns auch immer diese kleinen Post - it - Klebestreifen. Damit lassen sich Abschreibstellen wunderbar im Buch markieren. Die Dinger kleben bei uns griffbereit ganz vorne in jedem Buch und jedem Heft drin. Wenn Lückentexte ins Heft zu übertragen waren, haben wir schon mal großzügig Text mit "..." ausgelassen und nur die eigentlich gesuchte Lücke mit drei Wörtern vorher und nachher ins Heft übernommen. Man darf bei solchen Sachen also ruhig ein bisschen kreativ sein. Von Seiten der Lehrer hatten wir in solchen Dingen jedenfalls bisher keine Schwierigkeiten. Die waren da durchaus kooperativ.

Das Problem mit der kleinen Schwester hatten wir auch (die ist bei uns mittlerweile allerdings selber Ende Klasse 2). Für mich gab es keine andere Lösung, als die Kleine länger im Kindergarten zu lassen, bis Sohn mit Hausis fertig war. Alles andere wäre einfach UNMÖGLICH gewesen.
Kinder (mit 8!) alleine im Zimmer am Schreibtisch arbeiten lassen, funktioniert bei ADHS - Kindern i.d.R. eher nicht. Sie brauchen unsere Unterstützung einfach mehr als andere Kinder, denn gerade die Bereiche Selbststeuerung und Selbstorganisation sind ja für unsere Kinder problematisch. So leid es mir tut ... aber ich denke, du wirst bei den Hausis noch lange mit ihm gemeinsam "am Küchentisch" sitzen müssen. Wobei auch das natürlich immer eine Gradwanderung ist. Auch unsere Kinder müssen irgendwann mehr Selbständigkeit lernen ... aber erfahrungsgemäß brauchen sie dafür mehr Zeit.

So, das war lang für den Anfang und ich hoffe, ich habe dich mit meinem Geschreibsel jetzt nicht völlig erschlagen ...

Liebe Grüße

lupa

Ja, ich bin durchgeknallt und nein, ich kann mich nicht mal eben zusammenreißen.

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29.06.2014 15:31
avatar  Hope
#8
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Hallo Lupa,
danke für deine ausführliche Antwort.
Ja, das mit den Medikamenten war keine leichte Entscheidung, aber der Arzt hatte so überzeugende Argumente und hat auch mal richtig über die Wirkungsweise aufgeklärt. Schlussendlich stand für mich fest, dass dies die einzig richtige Entscheidung sein musste. Bestätigt wurde ich dann darin, als ich vor 2 Tagen einen Anruf bekam. Mein Zwerg ist in der Kinderfeuerwehr und mischt die Truppe dort so sehr auf, dass die schon in einer großen Sitzung und vielen langen Gesprächen unter den Betreuern beraten haben, was sie machen wollen. Alles sollte irgendwie darauf hinauslaufen, dass er von dort ausgeschlossen wird. Ich habe ihr dann gesagt, dass er ADHS hat und dass das jetzt auch behandelt wird. Zum Glück hat er dadurch jetzt noch eine Chance bekommen. Er geht dort gern hin und ich möchte nicht zulassen, dass ihm das genommen wird. Aber was tun, wenn er ständig "neben der Mütze" läuft und so eine Gruppe durcheinander bringt? Vielleicht helfen da ja auch ein wenig die Medikamente.

Ja, der Wochenplan ist wirklich keine gute Erfindung. Das ganze Schulsystem hier bei uns ist so was von tödlich für Kinder, wie unsere. Aber wir haben uns arrangiert. Der Wochenplan ist zum Glück so, dass die Lehrerin immer relativ genau angibt, wann er was zu tun hat. Auch wenn das immer recht viel ist, kommen wir damit ganz gut klar - wenn wir nur die Hälfte machen.
Das mit dem Sekretärin-Spielen in Mathe habe ich auch schon gemacht. Das ist wirklich eine gute Variante um weiterzukommen, motiviert den kleinen Zwerg auch wieder ein wenig - so war es jedenfalls bei mir.
Leider kann ich die kleine Schwester mittags nicht länger im Kindergarten lassen. Das ist hier alles so teuer, dass ich das leider nicht bezahlen kann. Bis Mittags 13 Uhr ist das Höchste, was ich machen kann und dann kommen wir (ich und beide Kinder)alle gleichzeitig von Schule, Kita und Arbeit nach Hause und kämpfen uns durch den mühsamen Nachmittag. Oma und Opa wohnen auch zu weit weg (350 km).
Papa wundert sich nur, wenn er nach Hause kommt und mich völlig fertig und am Rande des Nervenzusammenbruchs auffindet. Gestern war auch wieder so ein herrlicher Tag. Da hat er mittags (Samstag) dann selber gesehen, wie das häufig so ist. Seine prompte Frage: Wie hältst du das bloß aus? Echt witzig, kann ich da nur sagen. Er versteht mich nämlich fast gar nicht und will irgendwie auch gar nicht so richtig auf den Zwerg mit seinem ADHS eingehen, einfach nur gleichgültig und absolut verständnislos. Und dann erwartet er von Sohnemann Sachen, die er absolut nicht bringen kann. Und wenn ich was dazu sage, artet das meist auch wieder im Streit aus. Komischerweise höre ich das von den meisten Vätern. Sind die denn nur alle so drauf?

Liebe Grüße Hope

Die Hoffnung stirbt zuletzt.


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29.06.2014 21:01
avatar  lupa
#9
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Hallo,

Zitat
Ja, das mit den Medikamenten war keine leichte Entscheidung, aber der Arzt hatte so überzeugende Argumente und hat auch mal richtig über die Wirkungsweise aufgeklärt. Schlussendlich stand für mich fest, dass dies die einzig richtige Entscheidung sein musste.


Diese Entscheidung war, glaube ich, für niemanden leicht ... aber man muss auch sehen, was man dem Kind antut, wenn man keine Medikamente gibt. Wenn der Leidensdruck groß ist, kann man das schon fast als unterlassene Hilfeleistung betrachten. Von daher: Glückwunsch für euer "JA".
Wie weit seid ihr denn mit den Medis? Habt ihr schon angefangen und wenn ja, welches Präparat und in welcher Dosierung? Habt ihr erste Beobachtungen / Erfahrungen?

Zitat
Zum Glück hat er dadurch jetzt noch eine Chance bekommen. Vielleicht helfen da ja auch ein wenig die Medikamente.


Super! Denke schon, dass sich da was zum Positiven verändern wird. Die Kids laufen einfach viel runder, sind besser steuerbar, ecken weniger an. Und das ist soooo wichtig für unsere Kinder, dass sie Gruppenanschluss haben und dort auch gern hingehen. Drück euch die Daumen!

Zitat
Leider kann ich die kleine Schwester mittags nicht länger im Kindergarten lassen. Das ist hier alles so teuer, dass ich das leider nicht bezahlen kann.
Oma und Opa wohnen auch zu weit weg (350 km).


Oh mann, ... ... das tut mir leid!
Und die Sache mit "Oma und Opa weit weg" kenne ich nur zu gut ... bei uns sind es auch 400 km Entfernung ... es gibt hier nur mich und Göga ... das war´s ... keine Verwandtschaft ... ich weiss also wirklich, wie sich das anfühlt und was das bedeutet, wenn man einfach immer "dran" ist und wirklich nie eine Auszeit hat, egal was sonst noch los ist.

Zitat
Papa wundert sich nur, wenn er nach Hause kommt und mich völlig fertig und am Rande des Nervenzusammenbruchs auffindet.


Auch das kenne ich nur zu gut (und wahrscheinlich noch viele, viele andere Mamis hier ...) . Wer diesen täglichen Irrsinn nicht wirklich jeden Tag leben muss, der kann nicht verstehen, wie fertig einen das macht. Da wird sich dann höchstens noch beschwert, dass zu Hause wieder so eine "Bombenstimmung" ist. Trautes Heim ... Hort des ewigen Friedens und der Glückseligkeit ... so stellen sich die Männer das vor ... und sind dann sauer, wenn sie zu Hause auf Chaos und Schreierei treffen.

Zitat
Er versteht mich nämlich fast gar nicht und will irgendwie auch gar nicht so richtig auf den Zwerg mit seinem ADHS eingehen, einfach nur gleichgültig und absolut verständnislos. Und dann erwartet er von Sohnemann Sachen, die er absolut nicht bringen kann. Und wenn ich was dazu sage, artet das meist auch wieder im Streit aus. Komischerweise höre ich das von den meisten Vätern.


Ja ADHS - Familie eben ... das ist fast schon syndromtypisch, würde ich sagen.
Übrigens fällt ADHS ja nicht vom Himmel ... sie ist genetisch bedingt ... denk mal in diese Richtung weiter ...
Gerade wenn Dein Mann gleichgültig und verständnislos reagiert, solltet ihr dringend noch mal über das Thema Elterntraining nachdenken. Vielleicht gehen ihm da ein wenig die Augen auf und er sieht manches in einem anderen Licht. Denkst du denn, er wäre bereit dazu?

Schicke Dir für die neue Woche ganz viel Kraft, Durchhaltevermögen und Geduld

lupa

P.S.: Hast Du übrigens gesehen? Ein anderes erfahrenes Forumsmitglied hat einen "ADHS - Werkszeugkoffer" ins Elternforum eingestellt. Unbedingt mal reinschauen! Da gibt´s jede Menge wichtige Tips!

Ja, ich bin durchgeknallt und nein, ich kann mich nicht mal eben zusammenreißen.

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29.06.2014 22:05
avatar  Hope
#10
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Hallo,
ich danke dir für die aufmunternden Worte. Mein Mann ist eigentlich offen für Anregungen, aber irgendwie ist vieles nur scheinbar. Wenn ich ihm mal was sage, was ich von anderen weiß, dann findet er Ausreden, warum er das nicht machen könne. Angeblich würde er auch immer mitgehen zu einem Elterntraining, aber ich glaube, dann findet er auch wieder Ausreden, warum er das, was da gesagt wird, nicht umsetzen kann.

Den Werkzeugkoffer habe ich schon gesehen und auch gründlich durchgelesen. Die meisten Sachen mache ich schon immer so, sonst ginge der ganze Alltag gar nicht. Aber einige Tipps kann ich da auch noch herbekommen.

Ich bin gerade dabei, einen Aufgabenplan für Sohnemann zu erarbeiten, den er täglich Stück für Stück abarbeiten kann; kleine Sachen, wie z. B. Schmutzwäsche, die er auszieht in den Wäschekorb legen, Zähne richtig putzen, Tisch abräumen usw. Wenn er seine Aufgaben erledigt hat, bekommt er dann auch eine Belohnung. Vielleicht lernt er so ein wenig Verantwortung für seine eigenen Sachen zu übernehmen - so gaaaaanz langsam eben und mit viel Geduld und Spucke.

Mit den Tabletten sind wir noch nicht so weit. Wir haben gerade 5 Testtage mit Methylphenidat (oder so ähnlich) hinter uns und haben in 2 Tagen wieder Termin. Mal sehen, wie es dann weitergeht.

Liebe Grüße und ebenso viel Kraft wünsche ich dir auch, denn das brauchst du doch genauso wie ich.

Hope


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