Ausraster :-(
#11
Liebe Laura,
Ich hatte auch große Angst davor meinem Kind Medikamente zu geben. Durch die vielen Berichte in der Presse wird man schon sehr verunsichert. Letztendlich habe ich dann aber beschlossen nur noch auf das zu hören was die sagen die am meisten Ahnung haben, nämlich die Betroffenen. Im Internet habe ich nach Erfahrungsberichten von Erwachsenen gesucht, die selbst Methylpenidat einnehmen. So bin ich auch hier im Forum gelandet. Das deren Erfahrungen vorwiegend positiv waren hat meine Bedenken Großteils ausgeräumt.
Natürlich ist es aber immer am Besten wenn man auch ohne Medis auskommt. Deshalb war für mich vor allem ausschlaggebend wie groß der Leidensdruck meines Kindes war. Die Leistungen in der Schule sind natürlich nicht ganz unwichtig, da sie sich doch sehr auf das Selbstvertrauen des Kindes auswirken. Mein Sohn hatte damals allerdings nicht wirklich schlechte Noten (außer gelegentlich im Diktat). Entscheidend war vor allem aber welchen Aufwand er betreiben musste um im Unterricht mitzukommen.
Da er ja viel langsamer als die anderen Kinder gearbeitet hat musste er neben den Hausaufgaben noch immer Unterrichtsstoff nacharbeiten. Lesen lernen war harte Arbeit für ihn. Beim auswendig lernen des 1x1 brauchte er 50x mehr Lerndurchgänge als die meisten. Auch auf Diktate haben wir viel mehr gelernt als andere und trotzdem haben sich dann immer jede Menge Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen. Wann bleibt denn da noch Zeit zum entspannen? Da muss man doch irgendwann krank werden!
Im nach hinein wundern mich auch die zahlreichen Wutanfälle die er damals hatte nicht mehr, denn irgendwann muss man ja auch mal Frust abbauen.
Die Wutanfälle sind seit er Medis nimmt sehr selten geworden. Die Wirkungsdauer des Medikaments deckt bei ihm nicht die komplette Schulzeit ab und er ist immer noch etwas langsamer als die anderen, aber der Mehraufwand den er betreiben muss hält sich in Grenzen und es bleibt mehr Zeit für Dinge die Spaß machen. Die Noten haben sich durchschnittlich um eine halbe Note verbessert. Diktat ist halt immer noch etwas problematisch, aber das kann er mit Aufsatz und Grammatik ausgleichen.
Diese Tics hat mein Sohn auch immer wieder. Ganz heftig war es die ersten Wochen nach der Einschulung und nach dem Wechsel in die dritte Klasse. Für mich sind es eindeutige Anzeichen von Stress und Überforderung. Auch unter den Medikamenten sind die Tics nicht ganz weg, habe aber den Eindruck, dass er sie deutlich seltener hat als früher.
Wesensveränderungen stelle ich lediglich manchmal fest, wenn wir z.B. in den Ferien zwei Wochen die Medis abgesetzt haben und er dann wieder mit der Einnahme beginnt. Die ersten Tage ist er dann oft sehr ruhig und wenn die Wirkung nachlässt hat er heftige Rebounds (wird schnell wütend und ist weinerlich). Ich habe den Eindruck er ist dann überdosiert und werde das nächste mal versuchen die Dosis die ersten Tage etwas herabzusetzen.
Insgesamt habe ich den Eindruck dass er viel glücklicher ist als früher und viel Selbstvertrauen dazugewonnen hat. Dazu hat sicher auch die Verhaltenstherapie beigetragen. Er sagt auch selbst das er sich mit Medikamenten nicht schlechter fühlt als ohne und nimmt sie widerspruchslos ein. Trotzdem hoffe ich, dass er sie irgendwann wieder weglassen kann, und das ist auch sein Ziel.
Bei meinem jüngeren Sohn wurde jetzt auch ADS diagnostiziert. Wir haben uns entschieden es bei ihm vorerst nur mit Verhaltenstherapie und ohne Medikamente zu versuchen, da ich denke bei ihm ist es nicht ganz so ausgeprägt wie beim Bruder und der Leidensdruck bisher nicht so groß. Wenn ich jedoch merken sollte, dass der Schulstoff für ihn nicht mehr zu bewältigen ist und er zunehmend unglücklicher wird, würde ich mich auch wieder für Medikamente entscheiden, denn die Alternative wäre zuzulassen dass er an den Anforderungen die das Leben an ihn stellt irgendwann zerbricht.
LG Zaubermaus
Liebe Zaubermaus,
danke für diesen Beitrag mit Deinen Erfahrungen!
Du hast da so viel Wensentliches zusammengetragen und beantwortet - toll! DAS sollte man allen Eltern zu lesen geben, die sich gedanklich gerade mit dem Thema "Medikamente ja oder nein" beschäftigen. Denn diese Dinge sind es, die für das Kind positiv erfahrbar werden!
Liebe Grüße
lupa
#13
Vielen , vielen Dank für Eure Antworten dazu. Zur zeit sind wir noch in der Phase, wo wir schauen, wie es sich alles entwickelt, will aber rechtzeitig eingreifen können, wenn es nicht mehr weitergeht.. Deswegen mache ich mir viele Gedanken dazu. Thema Verhaltenstherapie... das wurde uns bisher noch nicht angeboten. Sollte ich da beim nächsten Termin mal nachhaken...
Liebe Grüsse Laura
#15
Hallo Laura,
nachfragen würde ich auf jeden Fall mal. Wir haben damit sehr positive Erfahrungen gemacht. In unserer Region sind die Wartezeiten allerdings sehr lang - mindestens ein halbes Jahr. Aber vielleicht geht das bei euch ja etwas schneller.
Bei einer Medikamentengabe wird soweit ich weiß sowieso immer auch eine begleitende Verhaltenstherapie verordnet. Ob das Kind auch ohne Medis einer Therapie zugänglich ist muss wohl von Fall zu Fall entschieden werden.
LG
Zaubermaus
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