Vorstellung: bin neu hier...
Hallo liebe ADHS Community
Also, wo fange ich an? Erstmal bei mir, denke ich.
Ich bin Ende 30, seit knapp 12 Jahren verheiratet und Mama von 2 Kids,
der Große ist jetzt 7 und in der 2. Klasse,
die Kleine ist gerade 5 und ein glückliches KiGa-Kind.
Wir leben eher ländlich in einer Kleinstadt, in einem kleinen Häuschen mit Garten und Hund.
Ich würde sagen, meine Kinder wachsen recht behütet, mittelständisch auf.
Mein Mann ist Handwerker und ich habe ein kleines Nebengewerbe,
seit mein Mann im letzten Sommer schwer erkrankt ist, arbeite ich allerdings nur noch minimal.
Ich bin selber nicht von ADHS betroffen, (allerdings denke ich häufig,
dass mein Mann ein nicht diagnostizierter ADHSler ist,
er war als Kind/Jugendlicher auf einer Förderschule, galt als "schwer erziehbar".)
Seit einigen Wochen haben wir nun die Diagnose ADHS bei unserem Großen.
Genau: ADHS und Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens.
Auffällig, weil laut, wild, impulsiv und rücksichtslos war mein Großer schon immer.
Auch ADHS war bei uns schon recht früh mal im Gespräch,
der KiGa hatte allerdings gar nicht so große Probleme mit ihm, wie dann jetzt die Schule.
Ich habe mich lange gegen den Stempel ADHS gewehrt, für mich als Laie und Opfer der ganzen Verteufelungsmedien,
war ADHS höchstens eine Zusammenfassung von Verhaltensauffälligkeiten und verschiedenen anderen Symptomen.
Ich wollte nicht begreifen, warum mein kleiner impulsiver Wirbelwind,
dieser große, kreative Motivator, der die allerbesten Problemlösungsstrategien findet, krank sein soll...
Ein Querkopf und Querdenker - JA
Emotionskontrollschwäche - JA, auch
aber krank, dieser fröhliche, neugierige Weltenentdecker.... nein, niemals...
Die echten Probleme begannen bei uns mit der Einschulung, er war als Augustkind bei der Einschulung noch 5,
ich hatte schon vorher den Eindruck, dass es sehr schwierig für ihn werden könnte, aber alle Stellen waren sich sicher,
dass ist doch so ein cleveres Kerlchen, der MUSS hin, der langweilt sich sonst... und ich IDIOTIN habe mich davon überzeugen lassen
und meinen Kampf für eine Rücksstellung verloren gehen lassen, man ist leider in vielen Dingen, beim ersten Kind noch sooo dumm.
Er wollte noch nie in die Schule, alle haben sich gefreut, er nicht.
Er wäre sooo gerne im KiGa geblieben und noch ein Jahr spielen und reifen hätte ihm so gut getan.
Ich bedaure sehr, dass ihm dieses Jahr unbeschwerte Kindheit genommen wurde,
natürlich hätte es an der Tatsache ADHS nicht geändert,
aber evtl in seiner Persönlichkeitsentwicklung schon einen Unterschied gemacht.
In der Schule macht er gar nicht mit, er stört, zappelt, verweigert sich oft völlig,
er ist laut, redet und singt einfach los, steht auf, oder liegt quer auf oder unter dem Tisch.
Die Ansagen der Lehrer erreichen ihn oft gar nicht, sie dringen nicht durch zu ihm.
Selbst wenn er den Stoff perfekt beherrscht, schafft er es nicht, auch nur irgendwas in den Tests aufs Papier zu bringen...
er spitzt lieber seine Radiergummis an, oder beobachtet die Regentropfen auf der Fensterscheibe .
Der Stoff ist bislang nicht sein Problem, das schafft er Momentan noch so im Vorbeiflug,
und die bislang entstandenen Lücken, konnten wir noch problemlos zu Haus nacharbeiten...
Auch wenn das zunehmend schwieriger wird.
Aber er ist nie wirklich in der Schule angekommen, er hat in seiner Klasse keine wirklich guten Freunde
und er wird immer trauriger und unsicherer, eigentlich ist er völlig fertig.
Er hat sich vor lauter Frust in den 1,5 Jahren seit der Einschulung fast 15kg Übergewicht angefuttert, mit 7!
(die Tendenz dazu hat er definitiv von seiner Mutter)
Mittlerweile glaubt er selber er ist falsch und dumm, kann gar nichts und was auch sonst noch immer.
Er kämpft verzweifelt um ein klein wenig Anerkennung in der Schule bzw. Klasse, leider mit ganz schlechten Mitteln,
dazu kommt das er zunehmend in Konflikte gerät und dort völlig falsch reagiert.
Daher läuft auch mittlerweile das Feststellungsverfahren Förderbedarf ESE.
Wir haben jetzt 1,5 Jahre Diagnostik hinter uns gebracht und nun die oben genannte Diagnose.
Multimodale Therapie (heißt doch so?) läuft an,
Ergo ist gestartet, Erstgespräch beim Psychotherapeuten für die Lern und Verhaltenstherapie hatten wir
und stehen auf der Warteliste für einen Platz, das wird voraussichtlich Mai, laut der Praxis.
Medikamentös haben wir am Sonntag gestartet, bislang bei 5mg Medikinet retard mit wenig bis keiner Veränderung,
möglicherweise kommt ja noch was wenn die Dosis am nächsten Sonntag dann auf 10mg erhöht wird.
Telefontermin dazu mit unserem KJP ist nächste Woche Freitag.
Ehrlich gesagt hatte ich mir mehr erhofft, also von den Medis, ich musste mich wirklich dazu durchringen es zu versuchen
und nun scheint es nicht zu wirken...aber vielleicht sind 5mg bei 45 kg Körpergewicht tatsächlich nur zu wenig...
ich weiß es nicht und es bleibt wohl nur abwarten.
Ich könnte noch viel mehr schreiben, aber ich denke es ist so schon ein ziemlicher Roman geworden...
danke an alle die bis zum Schluss gelesen haben und ich freue mich sehr auf den Austausch hier.
Liebe Grüße
_E_V_A_
Hallo Eva,
ganz herzlich willkommen hier im Forum . Hier bist Du genau richtig.
Erst mal möchte ich Dir etwas die Ungeduld der Medikation nehmen. Eine absolute Expertin auf diesem Gebiet hat mir mal erklärt, dass die Medikation wie die Brille des Menschen funktioniert.
Diese unterstützt beim Lesen, aber das Lesen lernen muss man selber. Es macht dieses einfach viel leichter.
Funktionieren tut Alles nur in Kombination mit einer Therapie. Aber dafür habt Ihr ja auch schon gesorgt. Da habe ich schon von deutlich längeren Wartezeiten gehört.
Es braucht etwas Zeit, bis die richtige Medikation eingestellt ist. Aber das kriegt man hin.
Im Laufe der Jahre kann sich diese auch verändern, wie bei meinem Sohni, aber auch das entwickelt sich wie das Leben selbst.
Auf jeden Fall hat Dein Sohni eine Mama die kämpft. Willkommen im Club ! Wir sind Menschen die aus ihren Fehlern lernen, die auf die Schnauze fliegen und wieder aufstehen und genauso auch mal auf Anhieb etwas klasse hinkriegen. Das wichtigste ist, wir geben niemals auf.
Wenn wir einen Durchhänger haben schlagen wir hier auf, kriegen die Unterstützung in der Intensität in der wir sie brauchen und können dann wiederum anderen helfen . So läuft das hier und mir/uns wurde hier schon durch tiefste Täler hindurch geholfen.
Also, frag los
Grüßle
Krümel
Hallo E_V_A!
Herzlich Willkommen im Forum, Danke für Deine ausgiebige Beschreibung Eurer Situation.
Zunächst mal: Toll, ihr seid auf dem richtigen Weg! Diagnose ist da, Ergo ist angefangen, Therapie folgt, auch fürs Medikament habt ihr euch entschieden.
Ja, so sollte es zusammen gehen: Medikament und Therapie. Wir stellen meistens fest, dass unsere Kinder eigentlich mit Medikamenten erst richtig was von der Therapie haben, und Medikamente sollten nur mit Therapie gegeben werden. Ach so, ein Elterntraining gehört auch noch dazzu!
Auch richtig: 5mg retard sind sehr wenig, d.h. dass heißt normalerweise, dass 2,5 mg sofort ausgeschüttet werden und 2,5 in einem zweiten Schub. Als groben Anhaltswert rechnet man oft mit bis zu 1 mg pro Kilo Körpergewicht. Da ist also noch Luft nach oben. Also noch ein wenig Geduld mit der Höherdosierung.
Alles, was du sonst beschreibst, wenig Freunde, schlechtes Selbstwertgefühl, ... das kennen wir nur zu gut!
Aus meiner Erfahrung kann ich dir nur zustimmen, ein Jahr später in der Schule hätte nutzen könne, andererseits, dann wären auch erst ein Jahr später die Auffälligkeiten aufgetreten....
Wir hier in der bei den ADHSlern fühlen uns eher anders, weniger krank, auch wenn Medikament und Arzt das irgendwie nahelegen. Versuche deinen Sohn weiter als impulsiv, Wirbelwind, Motivator, Querdenker, Problemlöser zu sehen. Da funktionieren manche Schaltungen im Hirn anders als bei Stinos (Stinknormalen) aber davon kann man auch profitieren!
Herzlichst FaVe
PS: Danke für deinen strukturierten Post, eher kurze Zeilen und viele Absätze! Hilft uns allen beim Lesen solcher kleinen Romane!
DANKE Krümel und FaVe für die herzliche Begrüßung...Ich glaube ich werde mich hier schnell einleben.
Den Termin beim Sozialdienst des SPZ haben wir erst in ein paar Wochen - da folgt dann die Beratung zwecks Elternschulung/Erziehungshilfe evtl. Familientherapie, (wir haben im letzten Jahr einiges durchgemacht, was noch lange nicht verarbeitet ist )
Hallo!
Kleine Ergänzung: Ich meinte ein spezielles Elterntraining ADHS, unterscheidet sich ziemlich von einem normalen Elterntraining, geht halt auf die speziellen Situationen mit ADHSlern ein!
Vielleicht gibt es ja eine Selbsthilfegruppe in deiner Nähe?
Grüße FaVe
Liebe Eva,
auch von mir ein herzliches Willkommen hier.
Zitat von _E_V_A_ im Beitrag #6
Da bin ich noch in der Info Phase...leider ist das der Nachteil vom beschaulichen ländlichen Leben, man hat häufig ziemlich weite Wege...
Dafür bist du hier genau richtig.
Vor knapp drei Jahren war ich in ähnlicher Situation wie du heute. Mein Kind bekam nach leider schon 6 sehr anstrengenden Jahren in der Schule die Diagnose ADHS.
Ich wusste nichts darüber und das was ich zu wissen glaubte war größtenteils Mist. Ich bin jetzt noch froh, hierher gefunden zu haben. Hier gibt es Information, Hilfe, Unterstützung und auch Trost, wo er nötig ist.
Was die Medikation betrifft ist da sicher noch Platz nach oben.FaVe und Krümle schrieben es ja schon.
Bei meinem Kind war es ähnlich. Bei 2,5 mg Einzelfosis (was ja 5 mg Medikinet retard entspricht) merkte es gar nichts. Dann mit der allmählichen Dosiserhöhung aber schon. Sein Verhalten (nicht nur in der Schule) änderte sich erheblich und anhaltend. Damit verbunden fand es auch Freunde und eckt bei den Lehrern viel weniger an. Vor die Tür geschickt, weil es den Unterricht störte wurde es seit der Medikation nie mehr. Die Hausaufgaben stehen tatsächlich im Hausaufgabenheft... in Tests gibt’s jetzt auch gute Ergebnisse. Was das mit dem Selbstwertgefühl macht ist tröstlich und heilsam.
Sätze wie „ich bin dumm... ich kann gar nichts...“ waren zuvor auch an der Tagesordnung. Jetzt zum Glück nicht mehr.
Kopf hoch, dein Kind bekommt alle Unterstützung, die es von Dir braucht. Es kann nur besser werden.... mit etwas Zeit.
Zitat von _E_V_A_ im Beitrag #6
Mal sehen was die Dame vom Sozialdienst so an Empfehlungen für uns hat...
Erwarte nicht zuviel.... wenn sie Ahnung von ADHS haben ist das großartig. Aber erwarten würde ich das nicht.
LG JaNi
Liebe _E_V_A_,
hier auch nochmal ein herzliches Willkommen. Ich schließe mich den Anderen an.
Bei uns begann das große Theater auch in der Schule. Auch solche Sätze kenne ich, wie die meisten hier, zur Genüge.
Hier wurde es auch besser, als die Medis richtig eingestellt waren. Ich kann mir vorstellen, was ihr in den letzten Jahren durch habt. Die Schule lässt mir bis heute (Zwerg jetzt in der 6. Klasse) graue Haare wachsen. Aber im Vergleich zum Anfang ist es um einiges besser geworden. Das Schöne ist, dass Zwerg jetzt auch merkt was er kann und das auch so wahrnimmt.
Ich drücke euch ganz fest die Daumen.
Zur SHG: ich habe damals auf der Seite von ADHS -Deutschland eine SHG in meiner Nähe gefunden. Manchmal muss man auch eine längere Fahrt in Kauf nehmen, aber das lohnt sich auf jeden Fall.
Liebe Grüße
Andrea
Hallo AndreA und JaNi...
Vielen Dank für eure netten Begrüßungen
Es ist wirklich schön von euch zu lesen, irgendwie hat man ja immer das Gefühl, es versteht einen niemand oder es kennt sich niemand aus...ständig Vorurteile und Halbwissen...
Ich habe jetzt gerade auf ADHS-Deutschland einen Kontakt in einem Ort in der Nähe (ca 20km) entdeckt... da werde ich mich auf jeden Fall mal melden.
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