Vorstellung
#11
Zitat von Frank-guck-in-die-Luft im Beitrag #10
Die Enttäuschung kommt daher, weil unsere Partnerin es als Achtlosigkeit empfindet.
100 Punkte, Frank! Es ist bemerkenswert, wie du das alles so von Mann zu Mann auf den Punkt gebracht hast! Wir Mädels sollten uns hier mal auf Neurobiologie und Medikation beschränken und das Handling der aktuellen Stefan-Familie-Situation dir überlassen. Ich mein das im Ernst. Das war ein starker Beitrag !
Zitat von Frank-guck-in-die-Luft im Beitrag #10
... dann könnt ihr eure Leitplanken neu verhandeln.
Danke für diesen Satz!
#14
#15
Danke für die Blumen ihr alle! Dann schreibe ich noch mal zwei Sachen, die mir auf der Zunge lagen:
Zitat von Stefanowskij im Beitrag #4
Und es fällt meistens hin weil ich nicht aufmerksam genug oder umorganisiert war.
Diese Aussage würde ich noch mal hinterfragen. Kinder fallen hin und holen sich blaue Flecken. Das ist erstens nicht schlimm und zweitens kann niemand, ob nun mit ADHS oder ohne, so organisiert sein, dass das niemals unter keinen Umständen vorkommt. Ich weiß natürlich nicht, wie verpeilt du bist, aber du bist verheiratet und hast einen Job, und damit bist du bereits "high functioning". So war es bei mir auch, deshalb habe ich auch lange geleugnet, dass es mir nicht gut ging. Weil, ich hatte doch ein gutes Leben. An dem Tag, an dem ich das erste Mal auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, dass ich ADHS haben könnte, habe ich mir einen Haufen YouTube Videos von Jessica McCabe angesehen (den Ted Talk und ihren Channel, How to ADHD). Wenn du gut genug Englisch kannst, ist das auf jeden Fall einen Blick wert. In einer Folge interviewt sie einen Coach, der ADHS hat, und der erzählt genau die gleiche Geschichte: Er hatte doch alles, eine eigene Firma, eine Familie, es ging ihm doch gut. Und seine Therapeutin meinte dann, ja, aber wie schwer ist es jeden Tag? Und er: Oh mein Gott es ist sooo verdammt schwer! Ich hab dermaßen losgeflennt bei dem Satz, weil das genau mein Leben war. Und das ist es, was durch die Behandlung bei mir besser geworden ist und bei dir hoffentlich auch besser werden wird: Das es einfach nicht mehr so verdammt schwer ist. Ich würde aber vermuten, dass du durchaus auch jetzt schon jemand bist, dem man ein Kind anvertrauen kann.
Thema Selbstorganisation ist wirklich zu groß, um es wahllos zu erschlagen. Möglicherweise hilft es aber schon weiter, wenn man nicht mehr länger mit dem Kopf gegen die Wand rennt, weil es "doch nicht so schwer sein kann" und "andere es doch auch hinkriegen." Und statt dessen nach Lösungen sucht, die für einen selber funktionieren, auch wenn andere vielleicht komisch gucken. Ich schreibe z.B. eine Einkaufsliste, auch wenn ich nur drei Sachen einkaufen will, weil ich sonst mit fünf Sachen heim komme aber zwei von denen, die ich eigentlich kaufen wollte, fehlen. Wenn ich abends um zehn daran denke, dass ich morgen meine Eltern anrufen will, dann speichere ich mir einen Termin mit Erinnerung ins Handy, weil ich es sonst garantiert vergesse. (Ich habe alle Töne und Blinkleuchten am Handy ausgeschaltet, damit sie mich nicht ablenken, bis auf diesen Erinnerungston.) Wenn ich irgendwas leer mache, ob Medikament, Duschgel oder Olivenöl, dann schmeiße ich die leere Packung nicht weg, sondern stelle sie erst mal gut sichtbar irgendwo hin, bis ich es auf eine Einkaufsliste geschrieben habe. Ok manchmal ist das Tage später. Meine Frau hat die Sachen früher weggeschmissen und dann hat sie halt keiner nachgekauft. Jetzt kennt sie das System und siehe da: Inzwischen verwendet sie es selber, weil es funktioniert. Ich sage allen meinen Arbeitskollegen, dass es völlig okay und sogar willkommen ist, mich an Dinge zu erinnern, wenn ich sie vergesse. Und siehe da: Sie tun es, und ich bedanke mich jedes Mal artig. Das sind meine Lösungen, deine werden wahrscheinlich anders aussehen. Der Punkt ist, du musst es nicht so machen, wie die anderen, wenn es auch eine Lösung gibt, die für dich besser funktioniert.
Zitat von Frank-guck-in-die-Luft im Beitrag #15
. Ich sage allen meinen Arbeitskollegen, dass es völlig okay und sogar willkommen ist, mich an Dinge zu erinnern, wenn ich sie vergesse.
Das wäre zB nichts für mich. Meine Kollegen halte ich persönlich da raus, aber das muss ja jeder individuell für sich entscheiden. Auch Normalos vergessen Dinge, und die Tipps, die Du genannt hast - das nutzen ja auch oft Menschen ohne ADHS als Erinnerungsstütze, wenn sie ZB viele Termine haben oder einfach Stress im Alltag etc. Nur wir sind aber wirklich sehr angewiesen darauf. Zum Einkaufen habe ich mir jetzt eine APP angeschafft. Die ordnet gleich alles nach Themen und man hakt es im Laden ab, dann verschwindet es aus der Liste, dann dauert es nicht so lange, weil man nicht noch paar mal hin und her läuft. Aber verhindern kann ich damit auch nicht, dass ich hin und wieder noch Zusätzlich Dinge einkaufe
Ich trage auch alles in meinen Kalender ein! Meine täglichen Med-gaben, weil ich es sonst oftmals vergessen würde (und noch andere wichtige Med nehmen muss), alle Termine, und auch einfache Erinnerungen wie einkaufen, tanken und bestimmte Dinge mit meinem Sohn lernen etc. Mein Handy erinnert mich dann zB vormittags über meine Fitness-Uhr mit einem Brummen über die Med-einnahme. Ist doch super, dass man so alles ein bisschen mehr in den Griff bekommen kann.
LG Laura
Zitat von Frank-guck-in-die-Luft im Beitrag #15
Ich schreibe z.B. eine Einkaufsliste, ...
Ich, heute ... ... Neben meinem Laptop liegt ein Heft, in dem ich wahllos notiere, was mir im Kopf rummschwirrt und dringend ausgelagert werden muss. Und nein, das ist keine To-Do-Liste! Da steht u.a. Rechnung von S. zahlen, Mail an R. schreiben. Ich wusste genau, es waren drei Sachen, die heute noch sein MÜSSEN, weil ich sonst ein Problem habe. Im Bad fiel es mir ein: Brief an Doc schreiben. Ich also vom Bad zu meinem Heft - geschätzt fünf Meter - und als ich den Bleistift in der Hand hatte, wusste ich nicht mehr, was ich schreiben wollte ... . Gut, dass es mir dann doch wieder eingefallen ist, sonst hätte ich nächste Woche keine Medis.
Es geht halt einfach nicht ohne externe Speicherhilfe!
Zitat von Frank-guck-in-die-Luft im Beitrag #15
Wenn ich abends um zehn daran denke, dass ich morgen ...
Jepp - ganz genau so!
Zitat von Frank-guck-in-die-Luft im Beitrag #15
Wenn ich irgendwas leer mache, ob Medikament, Duschgel oder Olivenöl, dann schmeiße ich die leere Packung nicht weg, sondern stelle sie erst mal gut sichtbar irgendwo hin, ...
Ja, so muss das sein. Unsereins kann es irgendwann nicht mehr anders. Wenn meine Tochter da ist und etwas mitnehmen muss, dann steht das vor der Wohnungstür - sie kann nicht raus, ohne es mitzunehmen. Und wenn jetzt wer vermutet, meine Tochter könne eine ADHS haben ... .
Zitat von Frank-guck-in-die-Luft im Beitrag #15
Das sind meine Lösungen, deine werden wahrscheinlich anders aussehen.
Zitat von Laura S im Beitrag #16
Das wäre zB nichts für mich.
Viele Merkhilfen sind gleich, viele sind ganz anders. Es kommt einfach auf das soziale Umfeld, die Anforderungen, den Beruf etc. an.
Ich bin ohne Handy 46 Jahre alt geworden. Es liegt auf der Hand, dass ich da nicht mehr so ganz flott unterwegs bin und doch öfter mal den Bleistift einsetze - geht halt schneller für mich. Eure Handy-Lösungen würden für mich mehr Probleme schaffen als lösen. Das liegt aber nicht am Lösungsansatz, sondern am Alter . Allerdings ... Familien-To-Do-Liste und Einkaufsliste sind auf Trello und beide Töchter können darauf zugreifen.
#18
Wir ziehen gerade um und es ist die Hölle für mich. Mit den beiden Kindern. Ich varbasel hier alles, ich habe das Gefühl meine Frau nur zu behindern und ich s geht mir echt scheisse. Sie ist auch richtig wütend auf mich weil ich hier nix hin bekomme. Morgen ist endlich mein erster Termin zur Diagnosestellung. Ich hoffe sooo sehr dass das der Grund ist, warum ich so bin. Ich bib echt an meiner absolute. Grenze was das er tragbare für mich angeht. Ich will eigentlich nur noch weg weil ich das Gefühl habe, es einfach nicht mehr zu schaffen was hier Alltag ist.
Zitat von Stefanowskij im Beitrag #18
Wir ziehen gerade um und es ist die Hölle für mich.
Nachvollziehbar.
Zitat von Stefanowskij im Beitrag #18
Ich varbasel hier alles, ich habe das Gefühl meine Frau nur zu behindern und ich s geht mir echt scheisse. Sie ist auch richtig wütend auf mich weil ich hier nix hin bekomme.
Perspektivenwechsel. Nimm dich erst mal aus der Schusslinie. Frage deine Frau ganz gezielt, wie du ihr am besten helfen kannst. Du könntest mit den Kindern etwas außer Haus unternehmen, damit deine Frau den Rücken frei hat. Du könntest die Verpflegung übernehmen und/oder alles, was von A nach B muss, auf Zuruf transportieren. Bitte deine Frau, dir kurz ihr System zu erklären - einerseits, damit du ihr so wenig wie möglich in die Quere kommst; andererseits, damit du erkennen kannst, wie und wobei du ihr am besten helfen kannst.
Bei einem Umzug muss es einen geben, der die Ansagen macht. Es sieht so aus, als ob das deine Frau wäre. Also akzeptiere das und lass dich von ihr "einteilen". Sei versichert, der Umzug geht vorbei .
Zitat von Stefanowskij im Beitrag #18
Morgen ist endlich mein erster Termin zur Diagnosestellung.
Und deshalb bist du durch den Wind. Ich sag dir mal was. Du hast einen Diagnosetermin und der ist schon morgen. Du musst / kannst nichts mehr tun, damit das morgen läuft. Und jetzt packe den Gedanken an die Diagnostik weg und sortiere das nach vorne, was vor diesem Termin noch zu geschehen hat.
Zitat von Stefanowskij im Beitrag #18
Ich will eigentlich nur noch weg weil ich das Gefühl habe, es einfach nicht mehr zu schaffen was hier Alltag ist
Kenn ich. Ich bin zweimal "geflohen". Kurzfristig hat das sehr geholfen, langfristig eher nicht. Zu diesem Thema kann dir vermutlich @Frank-guck-in-die-Luft noch mehr sagen.
#20
Ja, das kann ich echt sehr gut nachfühlen. Bei uns waren solche Situationen, wo viel los und zu erledigen war, immer extrem stress- und konfliktbelastet. Nicht, weil ich nutzlos gewesen wäre. Sondern weil meine Frau von mir erwartet hat, dass ich "jetzt endlich mal" normal funktioniere. Ich habe dann versucht, ihren Erwartungen (ob real oder von mir eingebildet) gerecht zu werden, und bin daran gescheitert. Statt das zu machen, was ich eben machen konnte. Das wäre viel hilfreicher gewesen, aber das war eben nicht akzeptabel. Sondern es war viel eher so, dass dann ja auch die ganzen "Versäumnisse" der Vergangenheit noch mit in die Waagschale geworfen wurden, das Haus sieht aus wie ein Schweinestall, das muss jetzt endlich mal richtig auf Vordermann gebracht werden, nicht 100% neurotypische Leistung wurde gefühlt verlangt, sondern 200%. Bzw. sie wusste dann schon selber, dass das nicht klappen wird, aber darüber war sie dann halt verbittert und meinte dann, sie muss ja alles alleine machen, was gar nicht der Realität entsprach aber von ihr eben so empfunden wurde. Und real war es natürlich schon so, dass sie deutlich mehr gemacht hat, als ich.
Genau so eine Situation hat dann bei uns auch zu einem riesigen Streit geführt, wo ich sie richtig angeschrien habe, was ich sonst NIE mache. Und sie gefragt habe, ob sie überhaupt noch mit mir zusammen sein will, weil es für mich nämlich nicht danach aussah. Und aus diesem großen Knall folgte dann alles weitere, Paarberatung, ADHS-Verdacht, Diagnostik, Medis für Depression und ADHS, und eine komplett neue Grundlage unserer Beziehung.
Das ist inzwischen fast zwei Jahre her, aber wenn so was ansteht wie Urlaub, Feiertage, Ausflüge, Besuch von Leuten "wo es aufgeräumt sein muss", geht es mir vorher immer noch schlecht. Rational weiß ich, dass wir das inzwischen sehr gut hinkriegen. Aber es ist einfach als Muster immer noch sehr tief drin. Habe aber zuletzt das Gefühl gehabt, dass es besser wird. Ich denke, es braucht einfach nur Zeit.
Umzug ist natürlich noch mal viel schlimmer, als Urlaub oder Feiertage. Susannes Tipp, dich von deiner Frau "einteilen" zu lassen, kann ich nur unterstreichen. Geh zu ihr, sag ihr, dass es dir schlecht geht, sag ihr, es tut dir leid, dass so viel an ihr hängen bleibt. Sag ihr, du strengst dich wirklich an, aber du schaffst es gerade einfach nicht besser. Frag sie, was ihr am meisten helfen würde, und sag dann auch ehrlich, ob du denkst, dass du das hinkriegst. Wenn sie das akzeptiert, hast du schon sehr, sehr viel gewonnen. Und wenn nicht, naja, dann ist das eine Baustelle, die man mit professioneller Hilfe angehen kann. Aber erst, wenn der Umzug vorbei ist. ;-)
Ich weiß, es hilft wenig, wenn man mittendrin steckt, gerade bei unserem ADHS-Gedankenkarussell, aber: Auch dies geht vorbei. Du bist auf dem richtigen Weg. Es wird besser.
Ich persönlich habe übrigens sehr gute Erfahrungen mit Tagebuchschreiben gemacht. Ich schreibe da nur unregelmäßig rein, meistens natürlich wenn es mir schlecht geht, ich versuche aber, auch mal zu schreiben, wenn es mir gerade gut geht. Es hilft zum einen, das Gedankenkarussell etwas zu entlasten. Mir zumindest geht es so, wenn ich etwas einmal richtig aufgeschrieben habe, dann muss ich nicht mehr die ganze Zeit in Gedanken darum kreisen. Und zum anderen hat es mir später geholfen, wenn es Rückschläge gab. Wenn ich mal das (vermutlich durch einen depressiven Schub ausgelöste) Gefühl hatte, ach scheiße, es hat doch alles gar nichts gebracht, wir gehen zwei Schritte vor und zwei wieder zurück. Dann konnte ich in meinem Tagebuch lesen, wie kacke es früher mal gewesen ist, und habe dann doch sehr deutlich gemerkt, okay, es sind eher fünf Schritte vor und einer zurück.
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