Vorstellung/Meine Geschichte

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24.07.2022 13:56
#1
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Hallo Freunde,

durch Zufall bin ich auf einen Bericht gestoßen, in dem es um ADHS bei Erwachsenen ging. Ich konnte es kaum fassen, denn fast alles traf auf mich zu. Ich hatte endlich eine mögliche Erklärung gefunden für viele Probleme, die mich ein Leben lang begleitet haben.
Aber zunächst der Reihe nach:
Als Kind bin ich in einer sehr unruhigen Umgebung aufgewachsen. Meine Eltern hatten einen Handwerksbetrieb, in dem es kaum einen Moment der Ruhe gab. Ständig ging es rein und raus, gemeinsame ruhige Malzeiten waren unbekannt. Mit dem letzten Bissen im Mund stand man gleich wieder auf und musste irgendetwas erledigen. Meine Eltern arbeiteten sieben Tage in der Woche, 340 Tage im Jahr (ohne Übertreibung). Es war ständig ein Leben mit der Uhr, meine Eltern hatten nie unbegrenzt Zeit (abgesehen von drei Wochen Betriebsferien im Jahr). Schon als Kind fiel mir auf, dass ich große Probleme hatte, mich längere Zeit auf eine Sache zu konzentrieren. Ebenso hatte ich Schwierigkeiten still zu sitzen. Als ich älter wurde fing ich an mit Clownereien auf mich aufmerksam zu machen. Meine Umgebung war oft genervt und reagierte stets mit Unverständnis:" Jetzt sitz doch mal still! Schau mal das Kind da drüben, das kann auch stillsitzen". Auch die Schule war für mich keine schöne Zeit. Ich hatte z.B. große Probleme, mir Vokabeln zu merken. Obwohl ich sehr viel Zeit fürs Lernen eingesetzt habe, kam ich in den Fremdsprachen nie über ein "ausreichend" hinaus. Erst zum Ende der Mittelstufe erkannte ich meine Begabung für Mathematik und Naturwissenschaften. Während andere damit große Probleme hatten, flog mir das Wissen weitgehend zu. Dennoch waren meine Klausuren voll mit Flüchtigkeitsfehlern, so dass ich nie auf sehr gute Leistungen kam.

Von ADHS hatte damals noch nie jemand gehört. Niemand ging von einem Krankheitsbild aus, und alle waren der Meinung, ich könnte mich mehr zusammennehmen, wenn ich nur wollte.
Auch bei zwischenmenschlichen Kontakten habe ich es mir und anderen das Leben schwer gemacht. Ich redete oft dazwischen, war hektisch und konnte nicht gut zuhören, versuchte die Anderen davon zu überzeugen, dass meine Weltsicht richtig war und begegnete den Menschen, die das nicht einsehen wollten, auch mit Aggression.
Entsprechende Probleme hatte ich im Berufsleben. Auch aufgrund der Lehren aus der Vergangenheit konnte ich mich zwar meinen Mitmenschen gegenüber meist besser zurücknehmen. Arbeit, die ich mir vorbereitet hatte, blieb liegen, weil ich sie vergessen hatte. Absprachen wurden nicht korrekt eingehalten, weil ich den Inhalt nicht mehr vollständig präsent hatte. Meine Arbeit war häufig impulsiv und oberflächlich. Ich musste viel Energie aufwenden, meine Unfähigkeit zu verbergen und zu vertuschen.
Inzwischen bin ich Anfang 60 und versuche mich nach wie vor mit meiner inneren Unruhe zu arrangieren. Schon seit meiner Schulzeit praktiziere ich autogenes Training, was mir schon oft, auch in Prüfungssituationen, geholfen hat. Darüber hinaus mache ich viel Sport, auch Kampfsport, wo ich meine Wut im Bauch kanalisieren kann ohne anzuecken. Mit meiner Frau und Freunden gehe ich oft wandern, wobei uns der Aufenthalt in der Natur sehr gut tut. Aber auch hier bemerke ich, dass die rotierenden Gedanken meine Aufmerksamkeit erheblich einschränken. Häufig macht mich meine Frau auf Besonderheiten in der Natur aufmerksam, die ich sonst gar nicht wahrgenommen hätte. Umgekehrt kommt das nur sehr selten vor; offensichtlich sind die Gedanken meiner Frau nicht so ablenkend wie meine.
Mein größtes Problem ist aber, dass ich immer wieder Menschen wehgetan habe, denen ich niemals wehtuen möchte. Manchmal habe ich das Gefühl, dass mein Gehirn aufgrund der inneren Reizüberflutung zeitweise auf „Autopilot“ umschaltet. Ich antworte dann zwar mechanisch, habe aber schon kurz danach keine Ahnung mehr, worüber wir gesprochen haben. Die Menschen reagieren – verständlicherweise - irritiert und wütend. Sie werten es als persönliche Missachtung und ziehen sich häufig von mir zurück. Auch meine Frau sah sich zwischendurch nicht mehr in der Lage, unsere (langjährige) Beziehung fortzuführen.
Ich setze viel Energie ein, um nichts falsch zu machen, nichts zu übersehen oder etwas nicht richtig verstanden zu haben. Ich schreibe mir Vieles, auch Belangloses auf, da ich sonst häufig unsicher bin, nicht wieder einen Klops gebaut zu haben. Dennoch stehe ich unter einer ständigen inneren Anspannung, was das Problem sicher noch verstärkt. Hinzu kommt, dass mich eine deprimierte bis depressive Stimmung immer wieder begleitet.
Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität, Impulsivität und Neigung zu Depressionen: das alles passt bei mir zu 100%.
Es gibt aber auch Eigenschaften von ADHS, die nicht auf mich zutreffen. Ich kann durchaus etwas, das ich angefangen habe, auch zu Ende bringen. Ich denke, da kommt mir die Disziplin, die ich im Elternhaus vorgelebt bekam, zugute. Außerdem kann ich mich auch längere Zeit mit einer Sache beschäftigen, die mich interessiert. Manchmal entwickle ich dabei sogar einen „Flow“, der mich die Zeit vergessen lässt. Allerdings kommt dies inzwischen nicht mehr so häufig vor.
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass ich unter ADHS im Erwachsenenalter leide. Es ist sicher keine Erklärung für alles, aber ich glaube, es ist ein erheblicher Teil des Knotens den ich lösen möchte, um mehr Lebensqualität zu erreichen.


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24.07.2022 17:58
#2
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Hallo Hektosaurus,

willkommen hier im Forum. Dein Nick gefällt mir sehr gut!

Du hast mir mit deiner Vorstellung Hoffnung gemacht. Ich kann es kaum glauben, dass ein MANN in etwas höherem Alter sich tatsächlich mit einer möglicherweise vorhandenen eigenen ADHS beschäftigt! Das finde ich wirklich toll!

Ich glaube, eine Diagnostik und die ausgiebige Beschäftigung mit dem Thema wären ein sehr guter erster Schritt. In der Folge wäre eine gute Therapie dann noch die Krönung.

LG Mandelkern

(Ehefrau eines uneinsichtigen, nicht diagnostizierten ADHSlers Mitte 50 *seufz*)


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24.07.2022 18:43
#3
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Hallo Hektosaurus und herzlich willkommen in unserem Forum !

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Von ADHS hatte damals noch nie jemand gehört.

Jepp. Niemand kannte ADHS, niemand redete darüber und die Medien fanden das Thema sowas von uninteressant. Aber ich bewundere heute noch meine Oma, die irgendwann Mitte der Sechziger zu meiner Mutter sagte: "Erika, ich glaub, das Kind ist hyperaktiv." Unter "Hyperaktivität" muss sich wohl damals doch schon was herumgesprochen haben. Hyperaktiv empfand ich mich nicht, eher so Richtung Schlaftablette. Oma hatte sich vermutlich tiefer in das Thema eingelesen als das damals üblich war.

Wir Kinder konnten damals mit unserer ADHS einigermaßen gut über die Runden kommen. Ich weiß nicht, wie es dir damit ging, aber ich hatte Frontalunterricht, was an der Tafel stand, wurde abgeschrieben; das einzige lose Blatt im Schulranzen war das Löschblatt im Heft, Hausaufgaben wurden klar definiert und auf die nächste Stunde aufgegeben; alles, was nicht unter Deutsch oder Mathe fiel, hieß in der Grundschule Heimatkunde, Reli, Sport oder Handarbeit und das beste war, wir konnten im Unterricht etwas lernen, brauchten keine Eltern zu den Hausaufgaben und wenn man im Unterricht etwas brauchte, was normalerweise nicht im Ranzen war, wurde das in den Tagen davor für alle beschafft bzw. im ortsansässigen Einzelhandel gekauft - was wiederum kein Problem war, denn wenn man im Handarbeitsgeschäft nach Wolle für Handschuhe fragte, bekam man alles, was man brauchte, vollständig mit den richtigen Stricknadeln. Das Personal wusste Bescheid, es kamen ja jedes Jahr wieder hundert andere Mädchen und fragten nach Wolle für Handschuhe.

Hausaufgaben machte ich gleich nach dem Mittagessen (oder im Freibad oder zusammen mit der Freundin ); meine Freizeit (die durchaus um eins oder zwei begann), verbrachte ich draußen mit anderen Kindern; wenn die Straßenlaternen angingen, musste ich wieder zuhause sein. Im Sommer hatte ich eine Dauerkarte fürs Freibad und im Winter eine Zehnerkarte für die Eisbahn.

Wenn ich heute in Facebook die Kommentare unter entsprechenden Artikeln lese in Richtung "... wir hatten keine ADHS; wir sind nachmittags zum Spielen rausgegangen und haben uns mit Freunden getroffen ..." kann ich bloß sagen: Liebe Gesellschaft, gebt den heutigen Kindern die gleichen Rahmenbedingungen, dann können sie auch nachmittags raus zum Spielen. Aber die Rahmenbedingungen sind heutzutage so bescheiden, dass unsere Kinder mit dem Begriff "unbeschwerte Kindheit" nichts mehr anfangen können.

Äh ... man kann sich auch reinsteigern , sorry.

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Ich redete oft dazwischen, ...

Du sprichst von mir?

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Mein größtes Problem ist aber, dass ich immer wieder Menschen wehgetan habe, denen ich niemals wehtuen möchte.

Das Gute an der Vergangenheit ist, dass sie vorbei ist. Wenn ich das alles wieder geradebiegen wollte, was früher mal einfach so aus mir herausgeplatzt ist, wäre ich ganz schön beschäftigt - mal abgesehen davon, dass von der Generation vor mir nicht mehr allzu viele am Leben sind.

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Ich antworte dann zwar mechanisch, habe aber schon kurz danach keine Ahnung mehr, worüber wir gesprochen haben.

Es gibt da so ein Phänomen, dass man zwar das Gesprochene hört, aber nicht sofort sortiert kriegt. Und wenn man den Satz dann verstanden hat, ist unser Gesprächspartner schon beim übernächsten Satz. Andrea kann das besser erklären als ich.

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Auch meine Frau sah sich zwischendurch nicht mehr in der Lage, unsere (langjährige) Beziehung fortzuführen.

Kann ich verstehen. Manchmal können wir echt ätzend sein. Dabei ist das vermutlich nur Selbstschutz.

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Es gibt aber auch Eigenschaften von ADHS, die nicht auf mich zutreffen.

Das Gefährliche an dieser Aussage ist, dass manche (leider auch Fachleute) daraus dann den Schluss ziehen, dass eine ADHS nicht vorliegen kann, weil ... . Da kann ich dann echt sauer werden.

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Ich kann durchaus etwas, das ich angefangen habe, auch zu Ende bringen.

Ich auch. Sonst würde ja die Familie verhungern, keine sauberen Klamotten im Schrank finden undundund. Das heißt ja nicht, dass wir alles zu Ende bringen oder eben gar nichts. Nee, watt mutt, datt mutt .

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Außerdem kann ich mich auch längere Zeit mit einer Sache beschäftigen, die mich interessiert.

... was wiederum ein ganz eindeutiges Signal ist, das auf eine ADHS hinweist.

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Dennoch stehe ich unter einer ständigen inneren Anspannung, was das Problem sicher noch verstärkt.

Jo.

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Hinzu kommt, dass mich eine deprimierte bis depressive Stimmung immer wieder begleitet.

Auch das gehört zur ADHS, auf die sich bei Erwachsenen gerne mal eine Depression draufsattelt.

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass ich unter ADHS im Erwachsenenalter leide.

Oha! ADHS im Erwachsenenalter ist eine Bezeichnung, die impliziert, dass du als Kind keine ADHS hattest. "Adult onset ADHD" hat nichts mit Biologie zu tun, sondern mit dem sozialen Umfeld (das auf einmal nicht mehr so stimmt wie früher). Und das mit dem Leiden ... also ich weiß nicht, ich würde nie sagen, ich leide an meiner ADHS. Worte können viel kaputtmachen, aber auch viel erreichen.

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Es ist sicher keine Erklärung für alles, ...

Aber vermutlich für fast alles .

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
...aber ich glaube, es ist ein erheblicher Teil des Knotens den ich lösen möchte, um mehr Lebensqualität zu erreichen.

Kannst du näher definieren, WAS du erreichen möchtest? Dann können wir uns gemeinsam mit dir um das WIE kümmern.

LG Susanne

Lesen gefährdet die Dummheit


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24.07.2022 18:44 (zuletzt bearbeitet: 24.07.2022 18:50)
avatar  Laura S
#4
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Hallo Hektosaurus,

herzlich Willkommen im Forum! Das ist ein erster Schritt - und wenn du möchtest, werden im Verlauf weitere folgen, um deinem ADHS - Verdacht näher zu kommen und Hilfe zu suchen, danke für deine Offenheit in deinem Bericht .

Eine Sache liegt mir auf dem Herzen, dir sofort mit auf den Weg zu geben - das Thema „eine Sache passt nicht zu einer ADHS“. Du solltest wissen, kein Mensch mit ADHS ist wie ein anderer - es gibt nicht „den ADHSler“. Es kommt nicht selten vor, dass sich eine Diagnostik in die Länge zieht, weil nicht alle Symptome laut Definition vorliegen. Aber führt ein Arzt die Diagnostik korrekt durch, sollte er eine bestehende ADHS auch erkennen. Auch die Individualität gehört dazu. Ich musste bei meiner Diagnostik zusätzlich zu den Tests und Fragen auch viel über mich erzählen und auch etwas schreiben.

Aber : Wie Susanne schreibt - leider auch Fachleute denken manchmal so und das erschwert die Diagnostik.

Das wovon du berichtest, nennt sich Hyperfokus, Wir kennen das alle, auch von unseren Kindern- wenn eine Sache interessant, schön ist, Spaß macht oder aus anderen Gründen Motivation vorliegt, ist ein Mensch mit ADHS durchaus in der Lage, sich darauf zu konzentrieren und etwas zu Ende zu führen.

LG Laura


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24.07.2022 19:31
avatar  AndreaA
#5
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Hallo Hektosaurus,

auch von mir ein herzliches Willkommen im Forum.

Zitat von SusanneG im Beitrag #3
Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Ich redete oft dazwischen, ...

Du sprichst von mir?


Ja, das kenne ich auch und zwar immer noch. Im Freundeskreis (der auch gleichzeitig einer von meinen ehrenamtlichen Arbeitskreisen ist) geht man mittlerweile ganz gut damit um. Obwohl mich das im Nachhinein immer ärgert, dass ich wieder Anderen dazwischen gesprochen habe.
Zitat von SusanneG im Beitrag #3
Zitat von Hektosaurus im Beitrag #1
Ich antworte dann zwar mechanisch, habe aber schon kurz danach keine Ahnung mehr, worüber wir gesprochen haben.

Es gibt da so ein Phänomen, dass man zwar das Gesprochene hört, aber nicht sofort sortiert kriegt. Und wenn man den Satz dann verstanden hat, ist unser Gesprächspartner schon beim übernächsten Satz. Andrea kann das besser erklären als ich.


Ich weiß nicht, ob ich das besser erklären kann. Bei mir ist das so, dass ich oft an einem Satz / einer Idee meines Gesprächspartners hängen bleibe und dazu unbedingt etwas sagen muss. Deshalb unterbreche ich meinen Gesprächspartner auch öfter. In meinem Freundes- Arbeitskreis wissen sie, dass ich erst wieder mitdenken kann, wenn ich meine Sache zu dem Gedanken, der Idee losgeworden bin (egal wie).
Deshalb kommt oft, wenn ich tief Luft holen, eine Handbewegung und ein kurzes "nur noch den einen Satz" oder wenn mein Gesprächspartner länger braucht bekomme ich Zettel und Stift um meinen Gedankengang aufzuschreiben (sonst habe ich ihn wieder vergessen, wenn ich dran bin bzw. kann ich so auch wieder konzentriert zuhören, weil ich weiß, dass ich meine Sache gleich nicht vergessen habe).

Ein Beispiel.
Ich bin in der Kirche, unser Pastor predigt über einen tschechischen Priester und zitiert aus seinem Buch. Der tschechische Priester ist nach Indien gereist und hat da ein Kinderheim besucht. Die Kinder lagen in Gitterbetten die übereinandergestellt waren (ich meine 4 oder 5 Betten) weinten und streckten die Hände aus den Gitterbetten. Da war dann bei mir vorbei. Ich hatte Kopfkino und hing an diesem Bild fest. Dann habe ich noch mitbekommen, dass unser Pastor gesagt hat, dass der tschechische Priester daraus geschlossen hat, dass uns Jesus im Leid der anderen Menschen begegnet.
Ich habe unseren Pastor ganz entgeistert angeguckt und bin nach der Messe zu ihm und habe ihn gefragt, ob sein tschechischer Priester denn auch geholfen hätte oder er nur zu dieser theologischen Erkenntnis gekommen wäre.
Ich war entsetzt und auch etwas sauer auf unseren Pastor. Theologische Erkenntnisse meinetwegen, aber darüber darf man doch die Hilfe nicht vergessen.
Unser Pastor grinst mich an und sagt: "Ich habe gesehen, wo du hängengeblieben bist. Ich konnte dich aber nicht wieder zurückholen und als ich es gemerkt habe, konnte ich auch nicht mehr zurück und es anders formulieren. Andrea, ja er hat auch geholfen. Hier hast du das Buch, ich habe dir das Lesezeichen reingelegt. Lies es selber nochmal nach."

Was soll ich sagen. Ja der Priester hat geholfen. Es wurde auch von unserem Pastor zitiert. Ich habe es nicht mitbekommen, weil ich an meinem Kopfkino festhing.


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24.07.2022 19:56
#6
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Hallo Hektosaurus,

Auch von mir ein „Herzlich Willkommen“ hier im Forum.
Schön, dass du zu uns gefunden hast!

Du hast deinen Lebensverlauf sehr gut und anschaulich geschildert.
Deine Geschichte würde ausgezeichnet als Fallbeispiel in ein Fachbuch „AD(H)S bei Erwachsenen“ passen.

Vieles davon kam mir sehr bekannt vor, und ich selbst überlege seit geraumer Zeit, ob sich eine Diagnose noch lohnt, oder ob ich bis zur Rente so durchhalte.
Bin gespannt, was du uns berichtest!


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24.07.2022 20:00
#7
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Hallo Mandelkern, hallo Susanne, hallo Laura, hallo Andrea,

ganz herzlichen Dank dass Ihr Euch so ausführlich mit meiner Thematik beschäftigt habt. Mit einer derartigen Resonanz so schnell habe ich nicht gerechnet.

Gerne möchte ich näher definieren, was ich erreichen möchte:

1.) Ich möchte den Menschen, die mir sehr wichtig sind, nicht mehr den Eindruck vermitteln, dass ich sie missachte bzw. nicht wertschätze.
2.) Ich möchte ruhiger werden und besser in der Lage sein überlegter zu handeln.
3.) Ich möchte das Gedankenkarusell in meinem Kopf so weit unter Kontrolle bringen, dass ich die vielen kleinen schönen Dinge um mich herum wieder besser sehe.
4.) Ich möchte die ständige Spannung abbauen, unter der ich stehe (mein Zahnarzt wies mich darauf hin, dass ich eine zerbissene Unterlippe habe).

Wenn mir noch mehr einfällt, schreibe ich es hier.

Liebe Grüße von Hektosaurus


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24.07.2022 20:09
#8
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Hallo Apollinaris,

die gleichen Überlegungen habe ich auch. Es ist mir nicht wichtig, von irgend einer Stelle eine offizielle Bescheinigung zu bekommen, das ich ADHS habe. Nach Allem, was ich bisher gelesen habe, ist es offensichtlich so. Eine ärztliche Diagnose macht nur Sinn, wenn sich daraus auch eine Behandlung ergibt, die in irgend einer Weise Hilfe verspricht. Ausdauersport und autogenes Training praktiziere ich bereits. Medikamente (Methylphenidat) habe ich noch nicht probiert, wäre dazu aber bereit, wenn ich dadurch eine Chance auf Veränderung hätte. Einfach nur weiter durchhalten ist auch keine schöne Vorstellung.

Liebe Grüße

Hektosaurus


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24.07.2022 21:39 (zuletzt bearbeitet: 24.07.2022 21:45)
avatar  Laura S
#9
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Hallo Hektosaurus,

Ich finde es super, dass du deine Wünsche und Ziele so gut definieren kannst! Das ist auch wichtig, wenn Du Dich diagnostizieren lässt und eine Behandlung beginnen würdest. Unser Tipp ist auch immer - such Dir eine Selbsthilfegruppe. Gleichgesinnte zu treffen, hilft ungemein - und man erhält dort ggf auch Tipps, wo es gute Ärzte gibt, die eine Diagnostik machen. Einigen Psychiatern ist bei einer medikamentösen Behandlung auch eine gleichzeitige Verhaltenstherapie wichtig. Das ist auch zu empfehlen. Achso, und für eine Selbsthilfegruppe bzw. einen entsprechenden Arzt etwas weiter zu fahren, das sollte man in Kauf nehmen. Mein Arzt war damals über 80km entfernt. Irgendwann habe ich einen Arzt in meiner Nähe gefunden, aber solange war es wichtig - also bin ich gefahren. Es ist ja nicht jeden Tag

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #8
Einfach nur weiter durchhalten ist auch keine schöne Vorstellung.



"Einfach" nur nicht - aber durchhalten ist wichtig! Niemand sagt, dass es einfach ist - aber du schaffst das! Und wenn Du Fragen hast, wir sind hier!

Zitat von Hektosaurus im Beitrag #8
Ausdauersport und autogenes Training praktiziere ich bereits.

Auf jeden Fall auch sehr hilfreich! Mir hilft Bewegung und Meditation sehr! Inzwischen bin ich Yogalehrerin. Ich kann mich mit Yoga sowohl beruhigen, also auch auspowern
LG Laura


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24.07.2022 22:00
avatar  AndreaA
#10
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SHG ist ein guter Tipp. Dazu kann ich dir auch nur raten.


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