AD(H)S und Hypersensibilität bei Cremes und Kleidern: Wer kennt das?
Guten Tag
Bei meinem Sohn (8) ist eine Mischform von ADS/ADHS diagnostiziert. Eine Auffälligkeit stellte die Ärztin nicht als typisch für AD(H)S dar. Es geht um eine taktile Überempfindlichkeit.
Konkret war es ab Geburt immer schwer, meinem Sohn die Nägel zu schneiden, Haare zu waschen oder ihn einzucremen (z.b. Sonnencreme). Er war dann ausser sich und kolabierte regelrecht. Heute ist es immer noch das Eincremen (ich habe verschiedenste Sonnensprays durch) und vor allem das Anziehen. Die Kleider müssen weich (dürfen nur aus dem Tumbler sein) und weit sein. Socken, Schuhe, Unterhosen....alles wird zum Problem, wenn es zu eng und neu ist. Grundsätzlich glaube ich, dass er Schwierigkeiten mit neuen Kleidern hat - der Gedanke, etwas nicht vertrautes zu haben. Aber das lässt sich ja nun mal nicht ändern, wenn es neue Kleider braucht. Es stört massiv den Alltag und kostet uns wahnsinnig viel Energie. Erst heute morgen musste ihn zum Auto zerren, tragen, schleifen, weil es neue Schuhe anhatte. Er hat sich gegen gestemmt und geschrien wie am Spiess.
Wer kennt das? Bei wem ist es ähnlich und was könnten wir tun? Gibt es eine Therapie speziell dafür?
Lieben Dank
Rika
Oh Gott, wenn ich das lese, wird mir einiges klar. Meiner Tochter die Haare zu kämmen ist ein Kraftakt, sie schreit schon wenn man mit der Bürste nur ankommt. Haare waschen war ewig ein Problem und Nägel schneiden ist erst besser, seit sie es alleine macht.
Auch das mit neuer Kleidung kenne ich, manche Shirts oder Hosen müssen erst ewig im Schrank liegen bis sie angezogen werden, bei einem wunderschönen Cape/Poncho hat es jetzt 2 Jahre gedauert bis sie ihn akzeptiert hat (und jetzt ist er ihr fast zu klein).
Frage nicht wie wir schon blöd angemacht wurden im Geschäft, weil sie eine Jacke anprobieren sollte. Sie war damals erst ca. 4 Jahre alt und sie hat sich wie ein Aal gewunden und geschrien. Eine ältere Frau meinte dann kopfschüttelnd "so was hat es bei mir früher nicht gegeben!" und dann noch so ein paar typische Sätze. Da ist meine Mutter aber zur Furie mutiert und hat die Frau in den Boden gestampft. Zu der Zeit wussten wir ja noch nicht was die Tochter hat und taten das als Trotzphase ab.
Ein Weihnachten hatten wir das auch mal, das Töchterlein in Strumpfhosen vor dem Weihnachtsmann stand. Sie wollte partout kein Kleid und schon gar nicht das Neue anziehen. Mein Sohn hat dann nach der Bescherung zu ihr gesagt, dass wenn sie das Kleid jetzt nicht anzieht, der Weihnachtsmann noch mal kommt und die Geschenke wieder mitnimmt. Das hat gesessen... seither zieht sie Kleider an und Röcke.
Ich darf andersrum aber auch keine Sachen aussortieren. Weder Unterhosen (sie hat jetzt Größe 140 aber Schlüppis immer noch in Gr. 104 im Schrank) noch ihre Lieblingsjeans und ein Riesentheater gab es mal wegen einem kleinen Rock, da guckte schon ihr Po gut zur Hälfte raus, den holte sie immer noch wieder aus dem "Altkleidersack" hervor und zog ihn wieder an. Manche Sachen muss ich heimlich aussortieren und dann sind sie einfach weg. Oder ich muss ein ähnliches neues Röckchen kaufen.
Schuhe gehen eigentlich, da sie sich die jetzt alleine mit aussuchen darf. Ich setze nur eine Obergrenze beim Preis (bei den Schuhen) und für welchen Zweck sie sein sollen - wenn es heißt es werden warme Winterstiefel gekauft, dann gibt es keine Sandalen auch wenn die nur die Hälfte kosten und totschick sind. Socken ist auch alles schön, seit sie meine Sockengröße erreicht hat (35-38) und ich ihr einige von meinen gegeben hab, die mir schon zu eng sind. Ich muss nur aufpassen, dass sie sich da nicht selbst an meiner Sockenschublade bedient.
Eincremen - was bei euch ja auch ein Problem ist - kenne ich so nicht. Sie cremt sich zwar nicht oft ein, aber wenn dann mit allem was es gibt... auch mal mit Conditioner oder Shampoo
Tipp für Situationen wie heute: lass ihn auf Strümpfen laufen (sofern es die Witterung erlaubt) ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass die Schuhe dann im Auto angezogen wurden. Auch habe ich schon Kleidung in Größe 146 zu Hause, die erst mal noch im Schrank liegen und auch total doof sind. Irgendwann ist sie in der richtigen Größe angekommen und zieht die Sachen von alleine an.
Ach und weil du schreibst es ist von Geburt an... oh ja, ich kann dir Sachen erzählen von einem Kind, was sich immer wieder auszieht, wenn man es gerade angezogen hatte. Eine Babysocke an, zweites Beinchen genommen, erste Socke wieder aus, Socke an, erstes Beinchen Socke drüber, zweite Socke wieder aus... aaaaahhhh - solche "Spiele" hat sie bis weit ins Kindergartenalter mit mir getrieben. Wem da als Elter der Geduldsfaden reißt, kann ich nachvollziehen.
Therapien weiß ich nicht ob es da was gibt. Ich würde ihn wenn ihr das nicht schon macht mit einbeziehen in den Kauf von Bekleidung, ihn entscheiden lassen und eincremen muss er alleine, sonst geht es nicht in die Sonne. Ich weiß, das sagt sich so einfach aber bei meiner Tochter ist vieles viel besser geworden, seit sie es alleine macht oder ich es an Bedingungen geknüpft habe (du willst lackierte Fingernägel? dann müssen die Haare auch schön sein also ab Haare waschen). Es war ein Kampf und ist es teils immer noch aber es wird weniger.
Also ich kenne das, zwar etwas anders als bei Euch, von meinem Sohn:
Keine T-Shirts, immer Langarm, auch bei 35°C im Schatten, keine kurzen Hosen. Keine Jeans, weil zu steif, lieber Jogginghose.
Nie barfuss laufen, aber ungern mit Schuhen...Also unser Sockenverschleiss in den letzten Jahren, der ist ins Geld gegangen!!
Je äĺter er wurde desto besser wurde es aber. Heute mit elf fängt, wenn auch seeeeeehr langsam, bei ihm das Interesse an Mode an. Also zwei Dinge sind da ja wunderbar: Er trägt freiwillig Schuhe, weil es uncool ist ohne in die Schule zu ehen und die Jogginghose ist salonfähig geworden!! Auch für die Schule! Danke an den Modeolymp...
Hallo!
Herzlich Willkommen im Forum!
Im Moment glaube ich , dass wir dir nur davon berichten können, dass noch mehr Kinder diese taktile Überempfindlichkeit haben: schon öfter gab es bericht über nur Jogginghose möglich, Schildchen müssen raus sein, nur aus dem Trockner ....
ähnlich oft kommt vor, dass nur bestimmte Lebensmittel gegessen werden, da andere im Geschmack zu stark sind. Es ist kein Symptom aus dem Lehrbuch, aber hier in der Selbsthilfe durchaus bekannt.
Bisher war leider immer abwarten die Lösung und individuelle Lösungen finden. Eine Therapie hat noch niemand gehabt, soweit ich mich erinnere.
Vielleicht könnte ein Ergotherapeut da Ansätze finden, aber nur dafür wird wahrscheinlich kein Arzt ein Therapie verschreiben.
Natürlich ist das lästig im Alltag, aber kann wahrscheinlich auch gehändelt werden.
Was war den ansonsten ausschlaggebend dafür, dass Ihr Euren Sohn bei den Arzt vorgestellt habt, der dann die ADHS-Diagnose gestellt hat?
Grüße FaVe
Liebe Mona, danke für deine lange Antwort. Und entschuldige meine späte Rückmeldung. Das liest sich in der Tat in einigen Bereichen ähnlich. Ja, ich versuche ihn in den Kauf der Kleider einzubeziehen, meist hat er aber kein Interesse. Zudem kaufen wir ausschliesslich online die Sachen. Das hat den Vorteil, dass wir zuhause in Ruhe alles anprobieren können und er entscheiden kann, ob er die Sachen trägt, oder nicht. Meist sagt er ja, und dann klappt es doch nicht. Vor allem die Wechsel Sommer/Winter und umgkehrt sind schwierig. Ich glaube, es ist hauptsächlich ein Problem, vertrautes aufgeben zu müssen.
Herzliche Grüße Rika
Liebe Fave, vielen Dank für deine Rückmeldung! Ich werde das mal mit einem möglichen Therapeuten besprechen. Du fragst noch, was ausschlaggebend für die Diagnose war...die Auffälligkeiten fingen bei unserem Sohn mit ca. 2-3 Jahren an. Das Babyalter war unauffällig,, mit der Kleinkindphase wurde unser Sohn sehr unzufrieden. Er schrie und nörgelte die ganze Zeit, war mit nichts zufrieden. Am besten ging es, wenn alles im gewohnten Trott und Umfeld lief und wir schon früh am Morgen rausgingen. Er konnte sich nicht selbst beschäftigen, später machten ihm Kinder Angst und er schrie, wenn hinter ihm eines auf der Rutsche stand. Seine Wutanfälle kamen aus "heiterem" Himmel, er schlug mit Stühlen auf die Tür ein. Sein Selbstwertgefühlt ist so schlecht, alles bezieht er auf sich, und er meint, alle machen sich über ihn lustig. Er kann nicht im Spiel verlieren, er beschimpft uns unflätigst, gönnt niemanden etwas und ist auch heute, mit 8, nicht zufrieden zu stellen. Dazu schreibe ich gleich einen neuen Post.
Herzlichst Rika
Hallo Rika,
woran uns hier im Forum sehr viel liegt, ist die Anonymität unserer User. Wir wissen, weshalb. Bitte unterschreibe deine Beiträge nicht mit deinem richtigen Vornamen.
Danke und viele Grüße
Susanne
Zitat von Rika im Beitrag #7
Er schrie und nörgelte die ganze Zeit, war mit nichts zufrieden. Am besten ging es, wenn alles im gewohnten Trott und Umfeld lief und wir schon früh am Morgen rausgingen. Er konnte sich nicht selbst beschäftigen, später machten ihm Kinder Angst und er schrie, wenn hinter ihm eines auf der Rutsche stand. Seine Wutanfälle kamen aus "heiterem" Himmel, er schlug mit Stühlen auf die Tür ein. ... ... er beschimpft uns unflätigst, gönnt niemanden etwas und ist auch heute, mit 8, nicht zufrieden zu stellen.
Es mag ja sein, dass da auch eine ADHS mitspielt - aber bei den typischen ADHS-Symptomen würde ich das hier nicht einordnen. Und jetzt kommt natürlich meine Lieblingsfrage: Was ist es dann?
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