Nerven wie Drahtseile

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11.07.2016 21:38
#11
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Zitat von SusanneG im Beitrag #8
Also ein ganz normaler Junge mit ADHS?

Ja, damit wollte ich auch sagen, dass man damit hier nicht alleine ist. Was ich aber auch damit sagen wollte, ist: Ein ganz normaler Junge mit ADHS braucht eine artgerechte Haltung und eine Erziehung nach alltagstauglichen Methoden.

Zitat von Gemiko im Beitrag #5
Wenn es mit der Mu-Ki-Kur klappt, bekomme ich auch ein Elterntraining. Das gibt es nämlich hier in der Gegend nicht und ich müsste ein ganzes Wochenende einplanen und bis nach xxx fahren.

Elterntraining - da gibt es solche und solche. Beim Elterntraining kommt es ausschließlich auf die Kompetenz des Trainers im Thema ADHS an.

Elterntraining kostet ein Wochenende oder sechs bis zwölf Abende, ein paar Liter Sprit und in der Regel auch Geld. Ist das ein zu hoher Preis für ein entspannteres Familienleben für die nächsten weißnichtwieviel Jahre?

Gemiko, bitte schicke mir eine Private Mail mit deinem Wohnort nebst Postleitzahl. Vielleicht gibt es ja doch ein Elterntraining in erreichbarer Nähe.

Was wir brauchen sind ein paar Verrückte; denn seht nur, wohin uns die Normalen gebracht haben. (George Bernard Shaw)

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12.07.2016 10:32
avatar  Gemiko
#12
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Hallo Anja71 und Susanne,

es hilft schonmal im Forum zu schreiben und die Rückmeldungen zur eigenen Reflektion. Danke euch. Ich bin ja schon ein paar Jahre mit der ADHS-Problematik unterwegs. Bisher hielt ich mich einfach an das was ich las, an die Empfehlung der Ärztin und die Ratschläge aus der Ergotherapie. Eigentlich beginne ich erst jetzt zu hinterfragen. Präsent sein um zu unterstützen ist genau das Defizit. Meine Freizeit verbringe ich zwar fast ausschließlich mit Junior aber es scheint immer zu wenig.

Susanne, nach Diagnosestellung bekam mein Sohn erstmal nur Ergo. In Klasse 1 und 2 (ohne Zensuren/Flex) ging das auch noch leidlich. Zum Ende des zweiten Schuljahres häuften sich dann die Probleme, meist im sozialen Miteinander der Klassenkameraden. Sohn war dauernd am Pranger, immer der Sündenbock. Der brauchte sich nur die Schuhe zuzubinden, irgendwer stolperte schon über ihn und prompt, war er der Böse. Die Aussprachen mit Lehrern und Eltern kann ich schon nicht mehr zählen.

Mit Beginn der 3. Klasse wurde dann Medikinet Retard 20 mg verordnet. Zwischenzeitlich probierten wir mal 10mg aus, was völlig wirkungslos blieb. Mit den 20mg kam er relativ gut durch die 4-6 Schulstunden, danach kam der Rebound und versaute ihm jedes Nachmittagsprogramm. Ich hab dann später am Nachmittag den "Rest" abgekriegt wenn wir Hausaufgaben machen mussten oder andere Anforderungen an ihn gestellt wurden. Weitere medikamentöse Therapien gab es nicht. Es wurde also sicher nicht alles ausgeschöpft bevor Elvanse jetzt neu ins Spiel kam.

Gruß Gemiko


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12.07.2016 18:34 (zuletzt bearbeitet: 12.07.2016 23:36)
avatar  lupa
#13
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Hallo Gemiko,

Zitat
Sohn war dauernd am Pranger, immer der Sündenbock. Der brauchte sich nur die Schuhe zuzubinden, irgendwer stolperte schon über ihn und prompt, war er der Böse.


Ähnliches kennen hier wohl die meisten, leider ... Das ist so traurig für unsere Kinder, dass es ihnen immer so ergeht.

Zum Folgenden vorab:
Wie alle Mods und Admins hier im Forum bin auch ich absoluter medizinischer Laie und antworte nur aus den Erfahrungen als Mutter mit zwei betroffenen Kindern:

Zitat
Mit Beginn der 3. Klasse wurde dann Medikinet Retard 20 mg verordnet. Zwischenzeitlich probierten wir mal 10mg aus, was völlig wirkungslos blieb. Mit den 20mg kam er relativ gut durch die 4-6 Schulstunden,danach kam der Rebound und versaute ihm jedes Nachmittagsprogramm. Ich hab dann später am Nachmittag den "Rest" abgekriegt wenn wir Hausaufgaben machen mussten oder andere Anforderungen an ihn gestellt wurden.


Ich fasse mal zusammen:
- Ihr habt bisher nur Medikinet retard (20 / 10 mg) probiert
- Die Wirkung war bisher (über 2 Jahre) zufriedenstellend
- Das Hauptproblem ist jetzt, dass die Wirkzeit am Nachmittag für HA und andere Aktivitäten zu kurz ist
- Ziel wäre also v.a. die Anpassung der Medikation in Richtung längerer Wirkzeit?
Soweit richtig?

Unter diesen Gegebenheiten erschließt sich mir der Wechsel zu Elvanse nicht wirklich.
Elvanse hat einen anderen Wirkstoff (Lisdexamfetamin) und soll

Zitat von SusanneG im Beitrag #8
aufgrund irgendeiner Vorschrift [...] erst dann verordnet werden, wenn [...] eine Medikation mit Methylphenidat [...] fehlschlug.

Methylphenidat (MPH) ist zur Behandlung der ADHS das Mittel der ersten Wahl. Es gibt auch MPH - Präparate, mit denen eine längere Wirkzeit erreicht werden kann.
Zuerst könnte man einen Versuch mit Equasym starten (gleiche Wirkzeit aber andere Wirkstofffreisetzung, die den Schwerpunkt mehr in den Nachmittag hinein verschiebt).
Sollte das allein nicht reichen, kämen auch Concerta oder MPH Neuraxpharm in Frage. Beide haben einen Wirkzeit von 10 - 12 Stunden, also ganz ähnlich, wie bei Elvanse.

Hat die Ärztin begründet, warum sie diese Möglichkeiten nicht erst ausschöpft, sondern gleich zu Elvanse wechseln will?
Ist der Mediwechsel schon "beschlossene Sache" oder gibt es da u.U. noch mal die Möglichkeit im Gespräch genauer nachzufragen?


Und zum Thema Schule:

Zitat
Es ist teilweise so, dass ich gegen 17.00 Uhr nach Hause komme und Junior auf der Couch mit Fernseher und/oder Spielkonsole vorfinde, die Mappe steht unausgepackt auf der Terrasse, [...] Der erste Streit ist da schon vorprogrammiert. Mein Sohn besucht die 5. Klasse der Grundschule und hat einen Zweierdurchschnitt mit Tendenz zur drei. Ein Wechsel und die passende Schulform wird sich in einem halben Jahr entscheiden.

Ja, meine Anspruchshaltung muss angepasst werden. Junior ist in vielen Sachen äußerst begabt, rechnet mühelos und kann bei beliebten Fächern aus dem Stehgreif rezitieren. [...] Das ruft bei mir immer widerstreitende Gefühle (Gymnasium ja/nein/vielleicht) hervor und ich möchte ihn pushen und antreiben.


Gemiko, ganz ehrlich, es klang ja auch teilweise schon an:
Bei allem Verständnis für lange Arbeitszeiten, die man sich ja selber so auch nicht ausgesucht hat.
Aber HA ab 17.00 sind für unsere Kids einfach zu spät ... da ändert dann auch eine längere Wirkzeit der Medis nicht mehr viel. Die Kids sind dann, durch die Fülle der Anforderungen des Tages, einfach "durch" mit Kraft und Nerven. Im Grunde sagt er es ja selber:

Zitat
Ich kriege dann so heroische Aussagen zu hören, wie anstrengend und kräftezehrend die Schule war und das er erstmal "runterkommen" also sich entspannen müsse.


Klar kann das auch nur eine Ausrede für Faulheit sein. Vielleicht stresst ihn aber der Schulvormittag tatsächlich so, dass er aus eigenem Antrieb keine Energie mehr für´s Weiterarbeiten findet.

Und ganz allein auf sich gestellt, wird Dein Sohn auch bei jetzt noch guten Leistungen und mit besser eingestellter Medikation auf Dauer den schulischen Anforderungen (insbesondere am Gymnasium) wohl kaum gewachsen sein.
Das wäre schon für neurotypische Kinder eine enorme Anforderung an Eigenverantwortlichkeit und Selbstdisziplin. Unsere Kinder können das einfach so nicht leisten, verlieren den Überblick, vergessen Wesentliches, haben Probleme mit Motivation, Konzentration und Ausdauer usw.
Im Grunde kannst Du stolz auf Deinen Sohn sein, wenn er das bisher bei guten Leistungen so "gewuppt" hat. Aber die Anforderungen steigen und die Überforderung in Sachen Selbständigkeit wird zunehmen.
Hier solltet ihr in nächster Zeit dringend über eine mögliche Lösung nachdenken!

Liebe Grüße
lupa

Earth is flat, pigs can fly and ADHD doesn't exist..


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13.07.2016 13:09
avatar  Gemiko
#14
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Hallo Lupa,

du hast das alles sehr richtig zusammengefasst. auch die Medikamentenbiographie. Warum wir jetzt Elvanse verordnet bekommen haben (ja, steht schon bei mir zu Hause) kann ich im Nachgang auch nicht mehr wirklich nachvollziehen. Ich denke, die Ärtzin probiert unterschiedliche Sachen aus. Bei ihrem Vorschlag zur Mu-Ki-Kur fiel auch das Wort "medikamentöse Einstellung". Wir haben zwei Wochen nach der ersten Einnahme von Elvanse (Beginn Mitte August) wieder einen Termin wo ich ihr dann Bericht erstatten soll. So ähnlich haben wir es damals auch mit Medikinet gemacht. Ich habe über zwei Monate lang Tagebuch geführt und Auffälligkeiten wie Appetitlosigkeit, Einschlafprobleme und Rebound notiert.

Es fällt mir schwer, gedanklich Abschied vom Gymnasiumswunsch zu nehmen. Erstens weil meine Großen das alles mühelos gewuppt haben und zweitens weil Junior ansich auch ein Streber (bei teilweiser maßloser Selbstüberschätzung) ist der sich bei Rückschlägen aber auch gerne im Selbstmitleid suhlt "ich kann das nicht, ich bin ein Looser". Ich bin da hin- und hergerissen und werde wohl auf das Urteil der Lehrer und der Schulsozialarbeiterin, die ihn aufgrund der ADHS unter ihre Fittiche genommen hat, vertrauen.

Gruß Gemiko


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13.07.2016 17:22 (zuletzt bearbeitet: 13.07.2016 17:25)
avatar  Anja71
#15
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Liebe Gemiko,
als ich Deinen Beitrag las, hat es mich irgendwie in den Fingern gejuckt. Mir geht's nicht darum zu sagen, dass ein Kind unbedingt aufs Gymnasium muss (obwohl ich das ja auch will, aber bei uns sind es auch noch 3 Jahre hin, ... und ich bin erst mal froh, dass die erste Klasse geschafft ist).

Aber ich kann nur sagen: nach richtiger (oder jedenfalls verbesserter) Medi-Einstellung hat Sohni plötzlich riesige kognitive Sprünge gemacht und auch tatsächlich seine Intelligenz anwenden und LERNEN können.
Vor allem wenn die Lehrer das Thema ADHS nicht (gut) auf dem Bildschirm haben, würde ich mich unwohl fühlen, nur nach der Lehrermeinung zu gehen. Da wird ein Klassenkasper und "Störenfried" schnell negativ(er) eingestuft. Kann sie die Fähigkeiten und das Potential Deines Sohnes einschätzen?
Es ist ja leider so häufig, dass ADHS-Kinder gar nicht in der ihren Fähigkeiten entsprechenden Schulform sind, ... aus verschiedenen Gründen, aber eben auch manchaml, weil die Medikation nicht stimmt und dadurch das Potential zu lernen gar nicht ausgeschöpft wird.

Und: "ich bin ein Looser" u.ä. ist ja auch wieder so typisch für diese Kinder. Es ist wichtig, sie da rauszuholen, ... wobei diese Selbstüberschätzung (bei uns auch) natürlich eine Baustelle ist..., echt ein Spagat....

Liebe Grüsse,
Anja


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13.07.2016 19:35
avatar  lupa
#16
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Liebe Anja,

sorry, aber mich juckt es jetzt auch in den Fingern ... und bitte: werte das Folgende nicht als persönlichen Angriff, es geht mir lediglich um die Haltung, die hier zum Ausdruck kommt .... und da habe ich das dringende Bedürfnis, dagegenzuhalten:

Zitat
Mir geht's nicht darum zu sagen, dass ein Kind unbedingt aufs Gymnasium muss (obwohl ich das ja auch will, aber bei uns sind es auch noch 3 Jahre hin, ... und ich bin erst mal froh, dass die erste Klasse geschafft ist).

Es ist ja leider so häufig, dass ADHS-Kinder gar nicht in der ihren Fähigkeiten entsprechenden Schulform sind,


- Bitte, der Besuch eines Gymnasiums ist nicht der heilige Gral! Andere Schularten führen auch zu einem Schulabschluß. Und es muß auch nicht immer der direkte Weg ab Klasse 4 (oder 6 ... je nach Bd.land) sein. Gerade das dt. Schulsystem (bei allem negativen, was man ohne Zweifel dazu sagen kann ...) ist sehr durchlässig und bietet von jedem Punkt aus die Möglichkeit zur Weiterentwicklung.

- Es sollte Eltern - und besonders Eltern, deren Kinder mit einer ADHS gesegnet sind, auch nicht darum gehen, was ihr Wunsch wäre, auf welcher Schulform sie ihr Kind gerne sehen würden. Im Mittelpunkt sollten immer Begabung UND Fähigkeiten des Kindes stehen ... und die entsprechen eben auch schon mal nicht dem Wunsch der Eltern nach dem Besuch des Gymnasiums.

- Wenn gerade Klasse 1 erfolgreich geschafft ist, dann bitte erst mal die Klassen 2, 3 und 4 abwarten, bevor man die Luftschlösser in den Himmel wachsen läßt. Wir sollten uns abgewöhnen, die Zukunft unserer Kinder in vorgedachte Bahnen lenken zu wollen. Der Weg - gerade für unsere Kinder - entsteht beim Gehen .... wir wissen nämlich nie genau, wo der nächste Stolperstein lauert.

- Und ja, es stimmt: Kinder mit einer ADHS werden oft nicht ihrer BEGABUNG entsprechend beschult. Der Schulbesuch ist aber nicht nur von der Begabung abhängig, sondern gerade an den weiterführenden Schulen auch von ganz anderen Fähigkeiten und Fertigkeiten (Eigenverantwortlichkeit, Selbständigkeit, Motivation, Zeitmanagement, vorausschauendes Denken, systematisches Arbeiten, freiwilliges Lernen, Ordnung halten, Konzentration und Aufmerksamkeit, Frustrationstoleranz usw.). Und da haben unsere Kinder eben oft das Nachsehen und können nicht schritthalten. Dann aber trotzdem die vermeintlich "bessere", weil gesellschaftlich angesehenere Schulart "erzwingen" zu wollen, weil das Kind doch nicht "dumm" ist, geht meist nach hinten los und führt schnell zu einer, sich selbst verstärkenden Negativspirale aus Frust, Demotivation und schlechten Noten.

Lg und nichts für ungut
lupa

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13.07.2016 19:37
#17
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Zitat von SusanneG im Beitrag #11
Mail mit deinem Wohnort nebst Postleitzahl. Vielleicht gibt es ja doch ein Elterntraining in erreichbarer Nähe.


Hi Gemiko,

danke für deine Info. Tja, das ist echt doof ... immer wenn ich schreibe, schick mir deine PLZ, ich seh mal nach, dann bekomme ich Postleitzahlen genannt, die deiner sehr ähnlich sind. Wollt Ihr nicht selbst mal ne Selbsthilfegruppe gründen, dort bei dir in der Ecke?

Das gilt auch fürs Elterntraining. Schau mal hier im Kalender beim Elterntraining nach. Da ist eine Telefonnummer angegeben. Ruf dort an und frage, ob in erreichbarer Nähe ein Elterntraining angeboten wird.

Zitat von Anja71 im Beitrag #15
Es ist ja leider so häufig, dass ADHS-Kinder gar nicht in der ihren Fähigkeiten entsprechenden Schulform sind, ... aus verschiedenen Gründen, aber eben auch manchaml, weil die Medikation nicht stimmt und dadurch das Potential zu lernen gar nicht ausgeschöpft wird.

Besser als Anja hätte ich es auch nicht auf den Punkt bringen können.

Bezüglich der Medikation schließe ich mich lupa an. Frage doch bitte bei der Ärztin nach, weshalb sie nicht erst mal einen Versuch mit Concerta (Equasym retard, MPH Neuraxpharm) macht, bevor sie den Wirkstoff wechselt. Sie muss ja nichts anderes verschreiben - es wäre aber interessant zu wissen, weshalb sie jetzt schon auf Elvanse umschwenkt.

Viele Grüße
Susanne

Was wir brauchen sind ein paar Verrückte; denn seht nur, wohin uns die Normalen gebracht haben. (George Bernard Shaw)

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13.07.2016 21:58
avatar  lupa
#18
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Hallo Gemiko,

vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt ....

Zitat
Es fällt mir schwer, gedanklich Abschied vom Gymnasiumswunsch zu nehmen.


Sollte das so bei Dir angekommen sein, tut es mir leid. Ich würde mir niemals anmaßen, darüber eine Aussage treffen zu können.
Die Frage, welche Schule Sohni besuchen soll, könnt nur Ihr in Zusammenarbeit mit der Lehrkraft klären.

Wo ich mir allerdings ziemlich sicher bin:

Zitat von lupa im Beitrag #13
Und ganz allein auf sich gestellt, wird Dein Sohn auch bei jetzt noch guten Leistungen und mit besser eingestellter Medikation auf Dauer den schulischen Anforderungen (insbesondere am Gymnasium) wohl kaum gewachsen sein.

Darüber solltet ihr Euch Gedanken machen! Welche Möglichkeiten einer Betreuung gibt es für Sohn nach der Schule? Oder gibt es eine Ganztagsklasse?
Die Erwartung, dass Sohn nachmittags allein zu Hause ist und selbständig und eigenverantwortlich HA macht und lernt und um 17.00, wenn Du heimkommst, alles zuverlässig erledigt ist, halte ich für unrealistisch. Und das ist dann meiner Ansicht nach auch relativ unabhängig von der Wirkdauer der Medis, als auch von der besuchten Schulart.

Lg
lupa

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14.07.2016 08:24 (zuletzt bearbeitet: 08.02.2017 22:39)
avatar  Anja71
#19
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Liebe Lupa,
vielleicht hast Du meinen Beitrag missverstanden. Ich sagte ja im Eingangssatz, dass Gymnasium nicht alles ist (das sagte ich nicht zu Gemiko, das sage ich zu mir....). Aber wenn ein Kind die Fähigkeiten hat, dann sollte es nicht vorab an der falschen Dosierung scheitern.

Ich habe Gemiko geschrieben, weil bei ihrem Sohn die Medikamenteneinstellung ein Thema ist und sie andeutete, dass die Fähigkeiten ihres Sohnes nicht das Problem wären für einen Gymnasiumsbesuch.
Und dann habe ich unsere Erfahrung geschildert: erst mit Medis und richtiger Dosierung hat unser Sohni (1. Klasse) lernen können.
Und genau: wir sind erst mal froh, dass die 1. Klasse ok verlief. Und dann schauen wir weiter.

Viele Grüsse,
Anja


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14.07.2016 09:39 (zuletzt bearbeitet: 14.07.2016 10:04)
avatar  Zottel
#20
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Zitat
Und ja, es stimmt: Kinder mit einer ADHS werden oft nicht ihrer BEGABUNG entsprechend beschult.



Ja stimmt.

Aber: seit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung in meinem Bundesland wird ein GROßTEIL
aller Schüler
nicht ihrer Begabung entsprechend geschult. Es sitzen Kinder in den Klassen, die im Grunde
völlig überfordert sind. Mein Sohni war der letzte Jahrgang mit einer Verbindlichen Grundschulempfehlung.

An unserer Schule herrschen deshalb mittlerweile absolut chaotische Zustände. Auch nicht gerade einfach,
wenn ein ADHS-ler dann in der für ihn richtigen Schule sitzt aber eben 50% der Mitschüler in der Klasse
eben nicht. Die Klassen sind dadurch sehr, sehr unruhig. Die Lehrer völlig überfordert.

Zitat
Der Schulbesuch ist aber nicht nur von der Begabung abhängig, sondern gerade an den weiterführenden Schulen auch von ganz anderen Fähigkeiten und Fertigkeiten (Eigenverantwortlichkeit, Selbständigkeit, Motivation, Zeitmanagement, vorausschauendes Denken, systematisches Arbeiten, freiwilliges Lernen, Ordnung halten, Konzentration und Aufmerksamkeit, Frustrationstoleranz usw.). Und da haben unsere Kinder eben oft das Nachsehen und können nicht schritthalten. Dann aber trotzdem die vermeintlich "bessere", weil gesellschaftlich angesehenere Schulart "erzwingen" zu wollen, weil das Kind doch nicht "dumm" ist, geht meist nach hinten los und führt schnell zu einer, sich selbst verstärkenden Negativspirale aus Frust, Demotivation und schlechten Noten.



Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen.

Der IQ ist bei unserem heutigen Schulsystem zweitrangig. Meine Meinung. Die Kids müssen sich sehr häufig den Schulstoff selbstständig erarbeiten. Da sind die von mir in rot unterlegten Fertigkeiten das Fundament.

Da gehört eine gehörige Portion Disziplin dazu. Nicht gerade ADHS-kompatibel - da tun sich auch
andere Kinder schwer.

Weiterführende Schule "heute" hat nix mehr mit weiterführende Schule von vor 5-10 Jahren zu tun.
Zumindest in meinem Bundesland.

Um es jetzt mal auf den Punkt zu bringen:

Mein Sohn hatte eine glasklare Gymnasialempfehlung (klassenbester Junge). Er hatte in der Grundschule aber
auch meine Unterstützung.

Aufgrund seiner ADHS-Problematik haben wir uns dann für die Realschule entschieden denn im Forum stand irgendwo
mal: "nur eine komplett selbstständig erarbeitete Gymnasialempfehlung hat Aussicht auf Erfolg". Das unterschreibe
ich. Denn: Sohni kommt in Klasse 10. Was wir in Sachen Schule bis jetzt erlebt haben war teilweise einfach nur
grauenhaft.

Zum Halbjahr wurden übrigens 11 blaue Briefe verschickt. Nein, Sohni hat keinen bekommen.
Grund: wir müssen ihn bis heute unterstützen. Wer von zu Hause nicht unterstützt werden kann, geht
in dieser Klasse unter.

Es werden dieses Schuljahr wohl einige Mitschüler die Klasse verlassen. Auch Schüler, die vom Gymnasium auf die
Realschule gewechselt sind...

Also, in Klasse 1 würde ich einfach mal im Hier und Jetzt bleiben und davon ausgehen, dass man als Elternteil
den Schulkameltreiberjob noch sehr, sehr lange an der Backe kleben hat (leider, *tief seufz*).

Ach ja, mein Sohn bekommt MPH seit der ersten Klasse.

Ich weiß, dass mein Beitrag einen ziemlich negativen Touch hat, aber ich bin einfach nur ehrlich.

Liebe Grüße

Zottel

PS: in Klasse 1 übersieht man gerne, dass das Kind noch seine Pubertät vor sich hat.
ADHS + Pubertät = Superpubertät. Unter Umständen ein ziemlicher Gau...


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