Schul-ADS und Ritalin

  • Seite 1 von 2
19.07.2016 11:30
avatar  Paul
#1
avatar

Hallo!

Ich hatte vor Monaten schon einmal geschrieben über unsere Jungs. Kurz zusammengefasst, der Alltag ist immer schon gut zu bewältigen gewesen. Beide haben auf Drängen der Schule psychol. Tests durchgeführt und ein ADHS diagnostiziert bekommen. Es naht jetzt die zweite Klasse.
Wir hatten den Eindruck, dass die Hausaufgaben zwar sehr zäh sind, aber wesentliche Fortschritte erfolgt sind. Insbesondere im Rechnen gab es deutliche Fortschritte.
In einem Elterngespräch wurde jetzt von den Lehrern und der Schulpsychologin der Wunsch nach einer Medikation geäußert, da wohl der Abstand der beiden zu den anderen Schülern immer größer wird und in der zweiten Klasse wohl nicht mehr einzuholen ist, da die Anforderungen weiter und schnell steigen.
Wir sind etwas ratlos, ob wir diesem Rat folgen sollen, werden aber noch einmal eine zweite kinderpsychiatr. Meinung und Testung einholen. Läge eine Lese-Rechtschreibschwäche vor wäre die Medikation mehr als zweifelhaft. Habt Ihr einen Rat, wie wir am besten weitermachen sollen?


 Antworten

 Beitrag melden
19.07.2016 12:17
#2
avatar

Zitat von Paul im Beitrag #1
In einem Elterngespräch wurde jetzt von den Lehrern und der Schulpsychologin der Wunsch nach einer Medikation geäußert,

Hi Paul,

wenn ich so etwas lese, rollen sich bei mir die Zehennägel auf. Lehrkräfte - auch Schulpsychologen - sollten sich aus ärztlicher Behandlung raushalten. Ob eine Medikation notwendig ist oder nicht, hängt nicht von schulischen Leistungen, sondern von ganz anderen Faktoren ab.

Bitte gib diesen Wunsch der Schule an den behandelnden Arzt (Kinderarzt oder KiJuPsychiater) möglichst wörtlich weiter und diskutiere die Frage einer Medikation zuerst einmal mit dem Arzt.

Das klingt jetzt so, als ob ich wegen der Medikation selbst entsetzt wäre, sorry. Das ist nicht der Fall. Was mich entsetzt, ist die Art und Weise, wie die Schule (nicht nur) hier funktionierende Kinder einfordert.

Viele Grüße
Susanne

Was wir brauchen sind ein paar Verrückte; denn seht nur, wohin uns die Normalen gebracht haben. (George Bernard Shaw)

 Antworten

 Beitrag melden
19.07.2016 12:22
avatar  lupa
#3
avatar

Zitat von SusanneG im Beitrag #2
Was mich entsetzt, ist die Art und Weise, wie die Schule (nicht nur) hier funktionierende Kinder einfordert.

noch ergänzen möchte:
... und erwartet, diesem Ziel mit Medikamenten näher zu kommen.
... und sich auch noch erdreistet, deshalb medizinische Ratschläge zu erteilen.

Earth is flat, pigs can fly and ADHD doesn't exist..

 Antworten

 Beitrag melden
19.07.2016 12:32
avatar  lupa
#4
avatar

Hallo Paul,

habe gerade noch mal in Deinen ersten Beitrag reingelesen:

Zitat von Paul im Beitrag Diagnose berechtigt
Zur ADHS Diagnostik kamen wir auf Wunsch der Schule in der 1. Klasse, die doch für beide Jungs eine sehr schlechte Beurteilung abgegeben haben, was Konzentration und Lesen anbelangt. Uns ist natürlich auch aufgefallen, dass die zwei in Ihrer Entwicklung deutlich länger brauchen, letztendlich aber dann doch immer hinterher kommen (z.B Sprachentwicklung).
[...]
Die Schule meint dass gewisse Kriterien der 1. Klasse nicht erfüllt werden und schickt uns in die Psychiatrie.


Und nun:
Zitat von Paul im Beitrag #1
da wohl der Abstand der beiden zu den anderen Schülern immer größer wird und in der zweiten Klasse wohl nicht mehr einzuholen ist, da die Anforderungen weiter und schnell steigen.


Im Rahmen der ADHS - Diagnostik fand doch sicher auch ein Leistungstest statt. Wie waren da die Ergebnisse? Liegt die Begabung im Normalbereich?

Und noch etwas frage ich mich:
Wie geht es Deinen Buben mit der Situation? Ich selber habe zwei Kinder mit Schulschwierigkeiten ab Klasse 1. Und beide haben sehr schnell unter ihren unterdurchschnittlichen Leistungen gelitten. Wie ist das bei Euch? Haben die Jungs einen Leidensdruck in dieser Hinsicht? Merken sie, dass sie nicht "mithalten" können?

Lg
lupa

Earth is flat, pigs can fly and ADHD doesn't exist..

 Antworten

 Beitrag melden
19.07.2016 21:27
avatar  Paul
#5
avatar

Hallo Lupa!

Unsere Jungs sind sehr integriert und gehen eigentlich recht gerne zur Schule. Zumindest ohne Theater. Hausaufgaben sind natürlich doof, aber das fanden wir ja damals auch schon.
Meine erste REaktion auf das Schulgespräch war auch "Ärger" und "das sollte allein ein Kinderpsychiater entscheiden".


 Antworten

 Beitrag melden
20.07.2016 08:02
avatar  smilla
#6
avatar

Hallo Paul,

ich finde das Verhalten der Lehrer regelrecht anmaßend!!!!
Niemand dieser Leute sollte uns Eltern nahelegen, unseren Kindern doch bitte Tabletten zu geben!!

Und damit bin ich auch nicht dagegen, mein Sohn bekommt sie ja auch!! Aber hier ist es ja offensichtlich dass die Lehrer sich dadurch Ruhe verschaffen wollen!! Und dieses Verhalten finde ich schlichtweg zum

Lieber sollten die Lehrer mal endlich beginnen sich mit ADHS auseinander zu setzten, informieren und anfangen ihren Job zu machen,
damit sie mit solchen Kindern umgehen können und sie vor allen Dingen verstehen!!

Ich schüttel da echt nur den Kopf und finde das, wie so vieles Im Schulsystem wirklich sehr traurig

smilla


 Antworten

 Beitrag melden
20.07.2016 10:17
avatar  lupa
#7
avatar

Lieber Paul, liebe alle,

ich mache mich jetzt mal unbeliebt:
Lehrerschelte tut uns allen gut und oft genug haben wir allen Grund dazu.
Wir reagieren zu recht empfindlich, wenn Lehrer Aussage über über Medikamente machen.

Aber vielleicht verrennen wir uns da gerade in etwas und verlieren dabei das Wesentliche aus den Augen. Vielleicht versucht die Lehrerin hier gerade ihren Job zu machen. Sie sieht zwei Kinder in Klasse 1, von denen sie den Eindruck hat, dass sie den Anschluß verlieren. Und sie weiß von der Diagnose. Also äußert sie ihre Bedenken und versucht rechtzeitig Weichen zu stellen. Und ja, das IST ihre Aufgabe. Würde sie nur zuschauen und abwarten, würden wir uns auch aufregen.

Zweifellos hat sie nicht gerade die geschickteste Formulierung dafür gewählt.
Was wäre also, wenn die Lehrerin etwas vorsichtiger formuliert hätte und gesagt hätte: "Sprechen Sie mal mit Ihrem Arzt, welche Möglichkeiten es gibt, die Kinder zu unterstützen."

Klasse 2 bietet neue Herausforderungen:
- Mathe: Erweiterung des Zahlenraums bis 100, rechnen "unter den vollen Zehner", am Ende des Schuljahres wartet schon des Einmaleins
- Deutsch: die Schreibschrift will gelernt sein, zu lesende und zu schreibende Texte werden länger und komplexer, Ende Klasse 2 wurde bei uns das erste Kindertaschenbuch als Klassenlektüre gelesen
- Sachkunde: die Themengebiete werden größer, abstrakter und komplexer, Inhalte müssen nicht nur wiedergegeben sondern auch "angewendet" werden, das zügige, sinnerfassende Lesen wird dabei als Kernkompetenz vorausgesetzt

Die Frage ist also: können die Kinder diesen Anforderungen auf Dauer standhalten?
Deshalb noch mal (und jetzt werde ich lästig und hartnäckig )

Zitat von lupa im Beitrag #4
Im Rahmen der ADHS - Diagnostik fand doch sicher auch ein Leistungstest statt. Wie waren da die Ergebnisse? Liegt die Begabung im Normalbereich?

Und noch etwas frage ich mich:
Wie geht es Deinen Buben mit der Situation? [...] Haben die Jungs einen Leidensdruck in dieser Hinsicht? Merken sie, dass sie nicht "mithalten" können?

Deine Antwort gestern bezog sich mehr auf den sozialen Bereich:

Zitat
Unsere Jungs sind sehr integriert und gehen eigentlich recht gerne zur Schule.


Meine Frage bezieht sich aber auf den Leistungsbereich. Du musst hier nicht unbedingt eine Antwort dazu schreiben, solltest Dir darüber aber auf jeden Fall Gedanken machen.

In Klasse 1 gibt es noch keine Noten. Ich weiß nicht, wie es in anderen Bundesländern ist. Bei uns beginnt die Notengebung ab Mitte Klasse 2. Wenn Kinder dann über die Noten ständig Misserfolgserlebnisse haben und sich ihrer Schwierigkeiten dadurch zunehmend bewusst werden, kommt es schnell zu Demotivation und Frust. Es würde sich also durchaus lohnen darüber nachzudenken, ob man dieser Negativentwicklung mit Medikamenten möglicherweise wirksam vorbeugen kann. Oft versetzen eben erst die Medikamente unsere Kinder in die Lage, ihr Leistungspotenzial voll auszuschöpfen.
Haben die Kinder den Anschluß aber erst mal verloren, nutzen die Medikamente auch nichts mehr. Sie machen nicht schlauer und nicht verstandenen Schulstoff kann das Kind nicht mit einer Kapsel schlucken. Rechtzeitiges Gegensteuern ist deshalb wichtig.

Zitat von Paul im Beitrag #5
Meine erste Reaktion auf das Schulgespräch war auch "Ärger" und "das sollte allein ein Kinderpsychiater entscheiden".

Ja, das sollte er! Aber der Kinderpsychiater weiß nichts über die Sorgen, die sich die Lehrerin in schulischer Hinsicht offenbar macht.
Was spricht also dagegen, mit den Zeugnissen unter´m Arm und den Infos der Lehrerin im Kopf einen Termin bei eurem Arzt zu machen und ergebnisoffen über das Thema Medikamente zu sprechen?

Wünsche Euch gute Entscheidungen!

Lg
lupa

Earth is flat, pigs can fly and ADHD doesn't exist..

 Antworten

 Beitrag melden
20.07.2016 10:51
#8
avatar

Lernen muss das Kind/müssen die Kinder trotzdem - auch mit Medikamenten aber was ich festgestellt habe, die Schrift ist leserlicher, die Zahlen stehen in den Kästchen und nicht quer Beet und das alles erleichtert den Kindern das Lernen.
Nur wer seine Fehler erkennt, kann auch berichtigen, wenn das geschriebene Wort aber keinen Sinn ergibt und man 2 Wörter nicht auseinander halten kann, funktioniert auch das beste Lernen nichts.

So ist meine Erfahrung jetzt nach 4 Monaten Medis.

Die Tochter ist dadurch nicht schlauer geworden aber trotzdem hat sie die Noten verbessern und Stoff nachholen können. Dazu gehört aber ein Gesamtkonzept aus Therapie, eventl. Nachhilfe, Antrag auf Nachteilsausgleich (für z.B. mehr Zeit bei Leistungsabfragen) und dann eben auch die Medis.

Das allein kann aber nur euer Arzt festlegen. Der Rest dazu wurde schon gesagt.

Alles Gute für die Jungs.

LG Mona Lisa

Mutterglück ist das was eine Frau empfindet, wenn die Kinder abends im Bett sind.

 Antworten

 Beitrag melden
20.07.2016 12:09 (zuletzt bearbeitet: 20.07.2016 12:09)
avatar  smilla
#9
avatar

Unbeliebt? Da braucht es von Dir aber noch einiges mehr

Ich stimme Dir sogar zu, möglich ist auch diese Variante! Allerdings traue ich, wie Du weisst den Schulen da nicht so über den Weg. Und die Frage ist ja: wieviel Förderung, Unterstützung und Hilfe haben die Jungs denn bisher bekommen?

Unsere Schule schafft es zum Beispiel noch nicht einmal, Sohni den "Platz-alleine-vorm-Lehrepult" zu gewährleisten.
Und sowas, wie auch 100 andere Kleinigkeiten, und das wisst Ihr selber, könn(t)en es unseren Kindern leichter machen, wenn
die Menschen drumherum das verstehen würden! Und wenn das alles erschöpft ist, dann wäre der Hinweis, ob Medis den Jungs weiterhelfen würden, angebrachter!! Finde ich jedenfalls...

smillla


 Antworten

 Beitrag melden
20.07.2016 13:41 (zuletzt bearbeitet: 20.07.2016 13:44)
avatar  Paul
#10
avatar

Zitat von smilla im Beitrag #9
...Und die Frage ist ja: wieviel Förderung, Unterstützung und Hilfe haben die Jungs denn bisher bekommen?

smillla


Das ist genau unsere größtes Ärgernis. Das Kinderpsychiatrische Zentrum hat uns extrem enttäuscht. Erst einmal sind wir 6 Wochen nach Diagnose einfach auf der Liste des Konzentrationstrainings vergessen worden. Als wir endlich nach Nachfragen einen Platz hatten, waren wir sehr enttäuscht von der Trainerin. Sie redet kaum mit den Kindern und eigentlich gar nicht mit uns.
Meine Frau muss Mittags mit den beiden Hausaufgaben machen, was nur hintereinander geht. Nebenbei muss auch der 1 Jahr ältere Bruder versorgt und ab und zu betreut werden. Die Jungs sind Mittags total k.o.
Eine Hausaufgabenhilfe haben wir gefunden, wären 40 Euro /std. Da waren wir zögerlich. Wir lesen jeden Abend und üben, aber oft sind die Jungs einfach zu K,o. Trotzdem sind Fortschritte festzustellen. Auch in den Ferien haben wir rechnen geübt.
Trotzdem haben wir das Gefühl, wir schaffen nicht genug.
Wir wechseln jetzt erst einmal zum kinderpsychiatrischen Dienst unseres Kinderarztes, der jemand in der Praxis hat. Wir versprechen uns davon mehr Persönlichkeit, als an einer großen Klinik.
Die Frage zur Begabung kann ich jetzt schwer beantworten, da die Intelligenztests lt. Psychologen aufgrund des Aufmerksamkeitsdefizits nur schwer bis gar nicht zu beurteilen sein. Sie lagen irgendwo in der Mitte bis über dem unteren Drittel.

Wir haben permanent das Gefühl völlig alleingelassen mit den beiden zu sein.


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!